zum Hauptinhalt

Medienschelte auf Landesparteitag: Brandenburger Linke greift RBB und PNN an

Nach dem Rücktritt von Justizminister Schöneburg steht auch Wirtschaftsminister Christoffers unter Druck - und bei der Linken liegen auf dem Parteitag die Nerven blank. PNN und RBB weisen Kritik zurück.

Stand:

Potsdam  - Der scheidende Linken-Vorsitzende Stefan Ludwig hat den rbb und die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ wegen kritischer Berichterstattung über die umstrittene Millionenförderung für das insolvente Solarunternehmen Odersun scharf angegriffen. „Ich beobachte ein zunehmend abgestimmtes Vorgehen des Öffentlichen Rundfunks, einer Potsdamer Zeitung - und der CDU-Fraktion, aber ohne zu informieren, sondern um falsche Tatsachenbehauptungen wieder und wieder aufzustellen!“, sagte Ludwig am Samstag auf dem Parteitag der Brandenburger Linken in Potsdam. Der rbb und die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ PNN wiesen die Vorwürfe zurück.
Beide Medien hatten mehrfach über die Entscheidung von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) berichtet, gegen den Rat von Fachleuten im eigenen Haus und der Investitionsbank des Landes, Odersun drei Millionen Euro Rettungsbeihilfe zu bewilligen.

Sechs Wochen später war Odersun pleite. Christoffers hatte seine Entscheidung stets damit begründet, er habe 260 Arbeitsplätze in der strukturschwachen Region im Osten Brandenburgs sichern wollen. Der Landesrechnungshof hatte ihm dagegen ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Die Förderung sei zu keinem Zeitpunkt gerechtfertig gewesen, die Insolvenz des Unternehmens sei absehbar gewesen zudem habe Christoffers gegen den Rat seiner eigenen Fachleute, gegen den Rat eines Gutachters und gegen das ausdrückliche Votum der Landesbank ILB gehandelt. In einem weiteren Schreiben hatte die Leitung des Rechnungshofs dem Ministerium zudem angelastet, in der Sache Tatsachen verdreht, die Rolle des Ministers heruntergespielt und Fakten verheimlicht zu haben. Zudem steht Christoffers auch in der Kritik, weil nach Treffen von ihm mit unter Betrugsverdacht stehenden Geschäftsleuten Geld an deren Firma in Luckenwalde geflossen ist. Zuvor hatte die landeseigene ILB selbst Zahlungen and die Firma gestoppt und Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Potsdam gestellt. Danach hatten sich die Firmenchefs mit Christoffers getroffen. Dessen Ministeriumsspitze intervenierte bei der ILB, daraufhin floss wieder Geld. Doch statt einer Fabrik für spezielle Wuindpflaster steht in Luckenwalde heute nur eine Investruine, der Großteil der vom Land mit mehr als 6 Millionen Euro geförderten Geräte und Anlagen ist nicht auffindbar.

Am Freitag hatte Linken-Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige ihre Partei aufgefordert, über den Rundfunkrat Einfluss auf die Berichterstattung des rbb zu nehmen: „Wir müssen erreichen, dass sich ein öffentlich-rechtlicher Sender nicht daran beteiligt, Politik zu delegitimieren.“ Johlige bewirbt sich bei der Landtagswahl im September um ein Abgeordnetenmandat und hegt Ambitionen auf einen Sitz im Rundfunkrat des rbb.
Der Sprecher des rbb, Justus Demmer, verwahrte sich gegen die Kritik von Johlige. Die Vorwürfe von Frau Johlige entbehrten jeder Grundlage, sagte Demmer. „Zu fragen wäre auch, welcher Tradition die Idee entspringt, eine Partei könne oder solle Einfluss auf die Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nehmen.“ Über die Sendungen und Inhalte des rbb entscheide nur der rbb selbst.
Der Chefredakteur der PNN, Peter Tiede, sagte: „Der Vorwurf von Herrn Ludwig ist so absurd, dass sich jeder Kommentar erübrigt.“ Die Forderung von Johlige nannte er einen Skandal: „Da zeigt die Linke, was sie von Freiheit hält.“ Glücklicherweise sei es seit 24 Jahren vorbei, dass sich die Medien von Parteien in die Berichterstattung reinreden lassen müssten.
Der designierte Linken-Parteichef Christian Görke bemühte sich am Samstag kurz vor seiner Wahl um eine Korrektur: „Die Linke glaubt an guten Journalismus und ein kritischer Journalismus gehört auch zur Außensicht auf uns“, sagte der 51-Jährige.

Kurz vor Weihnachten war der ebenfalls zur Linke gehörende brandenburgische Justizminister Volkmar Schöneburg zurückgetreten. Er war über seine Nähe zu schwerkriminellen Ex-Mandanten gestürzt. Auch damals sprachen führende Linke - darunter der jetzige Parteichef Christian Görke - von einer Kampagne "interessierter Kreise". dpa/PNN

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })