
© dpa
Verurteilter Beamter klagt: Brandenburger Polizist mit Kinderpornos darf im Dienst bleiben
Ein Brandenburger Kriminalkommissar wurde verurteilt, weil er Kinderporno-Fotos besaß. Dennoch darf er Beamter bleiben, urteilte jetzt das Oberverwaltungsgericht. Die Polizei weiß nicht, was sie mit ihm anfangen soll.
Stand:
Berlin/Potsdam - Der Besitz mehrerer verbotener kinder- und jugendpornografischer Bilder hat für einen Kriminalhauptkommissar des Landes Brandenburg keine dauerhaften dienstrechtlichen Folgen. Das entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg am Freitag. Damit entschieden die Richter sowohl gegen die von der Polizeiverwaltung angestrebte dauerhafte Entfernung aus dem Dienst als auch gegen eine Zurückstufung oder Kürzung der Bezüge. Anfang der Woche waren ähnliche Entscheidungen aus Berlin bekanntgeworden, wo das Verwaltungsgericht die Entfernung von Lehrern aus dem Berliner Schuldienst gestoppt hatte, die Nacktbilder von Kindern besessen hatten und verurteilt worden waren.
Landgericht verurteilte den Beamten wegen illegaler Fotos zu einer Geldstrafe
Der Polizeibeamte, so hieß es in der Verhandlung am Freitag, hatte außerhalb des Dienstes rund 97 000 pornographische Bilder heruntergeladen, unter denen sich einige Fotos befunden haben, deren Besitz strafbar ist. Vom Landgericht Potsdam war er dafür bereits 2009 zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
Das Land Brandenburg suspendierte den Mann daraufhin zeitweilig und versuchte, ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Das Verwaltungsgericht Potsdam hatte 2014 in erster Instanz entschieden, ihn lediglich von A 12 (derzeit zwischen 3300 und 4300 Euro brutto Grundgehalt) auf A 11 (derzeit 2900 bis 3900 Euro brutto) zu degradieren. Auch diese Zurückstufung hob das OVG nun auf. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen, allerdings kann dagegen Beschwerde erhoben werden.
Oberverwaltungsgericht verweist auf neueste Rechtssprechung
Der Besitz von Kinderpornos, so sagte der Vorsitzende Richter Kai-Uwe Riese in der Urteilsbegründung, ist für den Beamten im gehobenen Dienst stets eine Pflichtverletzung, weshalb eine Entfernung grundsätzlich in Betracht komme. Dafür, dass von der Maximalsanktion am Ende nichts übrig blieb, führte Riese mehrere Gründe an. Er verwies dabei auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2015, nach der für die Sanktion die Schwere der Verfehlungen und die persönliche Schuld ausschlaggebend seien. Dabei hatte das Bundesverwaltungsgericht 2015 drei Entlassungen aus dem Dienst für Polizisten aus Brandenburg, Thüringen und Berlin letztlich gebilligt, darunter gegen einen, dessen Strafverfahren gegen Geldauflage eingestellt worden war.
Schon in der mündlichen Verhandlung vor dem OVG war deutlich geworden, dass das vom Land Brandenburg angestrebte Urteil wohl nicht fallen würde. Vor zehn Jahren, sagte Richter Riese, hätte man noch ganz klar auf Entfernung aus dem Dienst entschieden. Jetzt aber seien wegen der neueren Rechtsprechung verschiedene Umstände zu berücksichtigen.
Angeblich soll der Polizist nicht gezielt nach den Kinderporno-Fotos gesucht haben
So habe das Landgericht Potsdam 2009 nur eine geringe Geldstrafe verhängt – dann komme bei einem außerdienstlichen Vergehen eine „statusberührende Maßnahme“, also eine Herabstufung, nur bei besonderen Umständen in Betracht. Diese aber fand das Gericht nicht. Das Landgericht habe nur einen bedingten Vorsatz angenommen. Der Hauptkommissar habe also nicht gezielt nach kinderpornographischen Bildern gesucht, sondern dessen Download billigend in Kauf genommen. Unter den Dateien, die das Landeskriminalamt rekonstruiert hatte, hätten sich auch einige „schwere Missbrauchsbilder“ befunden, sagte Riese.
Auch um eine Gehaltskürzung kam der Mann herum. Einer solchen „Pflichtenmahnung“ bedürfe es für den Beamten, der im Rahmen des Strafverfahrens suspendiert war und seit 2013 wieder arbeitet, aus Sicht des Gerichtes nicht mehr. Er habe gezeigt, dass er den Dienst seitdem ohne jeden Tadel absolviere. Dass er noch einmal gegen seine Pflichten verstoße, dafür habe das Gericht keine Anhaltspunkte. Die Anwältin des Beamten hatte in der Verhandlung darauf verwiesen, dass er gar keine Pornobilder mehr herunterlade.
Ernst war er Kriminalpolizist - jetzt ist er beim Zentraldienst der Polizei
Der Beamte selbst ging davon aus, dass die Hintergründe seiner Suspendierung landläufig bekannt seien. Er sei zufrieden, wieder Dienst verrichten zu können, und habe in diesem Jahr keinen einzigen Tag wegen Krankheit gefehlt. Derzeit ist er nicht, wie vorher, mit Ermittlungstätigkeiten betraut, sondern ist IT-Projektleiter beim Zentraldienst der Polizei, dem Servicedienstleister der Landespolizei
Dem Zentraldienst stellt sich nun das Problem, wie man den Beamten noch einsetzen kann, da seine derzeitige Aufgabe zeitlich befristet ist, sagte eine Mitarbeiterin. Ursprünglich war das Land gar nicht in Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts gegangen. Erst als der Beamte Rechtsmittel einlegte, bestand das Land wieder auf seiner Maximalforderung, weil der Straftatbestand „an sich“ schwer wiege und eine schwerwiegende Verletzung der Würde des Kindes vorliege.Ingmar Höfgen
Ingmar Höfgen
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: