zum Hauptinhalt
Der brandenburgische FDP-Politiker Hans-Peter Goetz will erreichen, dass im Landtag nicht länger grundgesetzwidrig Zulagen für die Führungsleute von Fraktionen gezahlt werden.

© Promo

Musterklage wegen Politiker-Bezügen: Brandenburgischer FDP-Abgeordneter verklagt die eigene Fraktion

Hans-Peter Goetz macht seine Ankündigung war. er verklagt seine Fraktion wegen der Zahlung von Zulaagen. Ihm geht es um Grundsätzliches.

Stand:

Potsdam - Der FDP-Abgeordnete Hans-Peter Goetz zieht wegen der umstrittenen Zahlung von Zuschlägen an Funktionäre in den Landtagsfraktionen vor das Landesverfassungsgericht. Er habe eine Klage gegen seine eigene Fraktion eingereicht, sagte Goetz am Dienstag in Potsdam. Er hoffe, dass das Gericht noch in diesem Jahr eine Entscheidung bekannt gebe. Nach Ansicht von Goetz darf lediglich der Fraktionsvorsitzende eine Zulage erhalten. Zuschläge für die Parlamentarische Geschäftsführerin und den Vizefraktionschef hingegen seien nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2000 unzulässig.

Goetz, von Beruf Rechtsanwalt, hatte diesen Schritt bereits im Februar gegenüber den PNN angekündigt. Letzter Auslöser für den ungewöhnlichen Schritt war die Tatsache, dass bei der im Februar von allen Parlamentsparteien präsentierten „großen Diätenreform“ für das Landesparlament die strittigen Funktionszulagen für Vize-Fraktionschefs, parlamentarische Geschäftsführer und andere Funktionäre wieder nicht angetastet werden sollen. Dabei hatte sie das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 2000 – am Beispiel Thüringens – als grundgesetzwidrig erklärt. Lediglich für Fraktionschefs machte Karlsruhe eine Ausnahme.

Goetz hatte seine Klage schon Anfang 2011 angedroht, aber noch abgewartet, ob die für Herbst 2011 angekündigte, dann verschobene Reform der Abgeordnetenversorgung den Missstand beseitigt. Wie berichtet, sollen nach dem Allparteienplan nun zwar im Gegenzug für eine fast verdoppelte Grunddiät (7500 Euro statt 4503 Euro) bisherige Zusatzpauschalen für alle Abgeordneten wegfallen und die Altersversorgung der Abgeordneten radikal umgestellt werden (private Vorsorge statt Pensionen aus der Landeskasse), womit sich das Parlament als Vorreiter für andere Länder sieht.

Umso größer ist das Unverständnis bei Goetz, dass in diesem Zuge nach dem bisherigen Vorschlag nicht gleich die offenkundig verfassungswidrigen Funktionszulagen ausgeschlossen werden. Stattdessen soll es, wie bisher, den Fraktionen überlassen bleiben, ob sie Führungsleuten solche Zusatzsaläre zahlen. „Man hätte es elegant bereinigen können. Es bleibt alles beim Alten. Das ist nicht hinnehmbar“, sagte Goetz schon im Februar den PNN. „Wir nehmen sonst weiter billigend in Kauf, dass die Verfassung gebrochen wird.“ Für die „große Diätenreform“ soll das Abgeordnetengesetz Ende 2012 novelliert werden. Mit der Goetz-Klage gäbe es Druck zu Nachbesserungen.

Die Klage gilt als aussichtsreich. Selbst ein Gutachten des parlamentarischen Beratungsdienstes im Landtag kam zum Ergebnis, dass die bisherige Praxis aller Fraktionen im Landtag – eine Ausnahme sind die Grünen, die aus der Fraktionskasse keine solchen Zulagen zahlen – dem Karlsruher Urteil widerspricht. Das Gleiche hatten auf PNN-Anfrage der Parteienkritiker Hans-Herbert von Arnim und der frühere Bundesverfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch bestätigt, der am Karlsruher Präzedenzurteil vom 21.Juli 2000 (Az. 2 BvH 3/91) persönlich beteiligt war. Darin wird auf den Artikel 38 des Grundgesetzes verwiesen, nachdem alle Abgeordneten gleich sind, sie und damit ihre Wähler, gleich behandelt werden müssen. Dagegen werde verstoßen, wenn über Zulagen Hierarchien von Abgeordneten gebildet werden. „Alle Argumente treffen für Brandenburg zu“, argumentiert Goetz. Sein Schritt ist ungewöhnlich. Da nur Betroffene vor das Verfassungsgericht ziehen können, muss er die eigene FDP- Landtagsfraktion verklagen, weil sie Zulagen an den Vize-Fraktionschef und die parlamentarische Fraktionsgeschäftsführerin zahlt – und so seine Rechte verletze. Gleichwohl wäre das Urteil des Verfassungsgerichtes ein Präzedenzfall für den ganzen Landtag. Bislang hat die SPD unter den 30 Abgeordneten sechs „Besserverdiener“. Bei der CDU sind es sieben von 19, bei den Linken sechs von 25. Goetz weiß, dass er sich keine Freunde macht. (mit dapd)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })