zum Hauptinhalt

Brandenburg: Brandenburgs Lehrlings-Problem

Im Land fehlen nicht nur Ausbildungsplätze, auch zunehmend geeignete Bewerber

Stand:

Im Land fehlen nicht nur Ausbildungsplätze, auch zunehmend geeignete Bewerber Von Thorsten Metzner Potsdam. Fast jeder dritte Brandenburger Schulabgänger bringt wegen fehlender Qualifikation und Motivation nicht die nötigen Vorraussetzungen für eine Lehrstelle mit. Auf diesen alarmierenden Trend haben am Freitag in Potsdam die Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern des Landes hingewiesen. Es werde für Firmen immer schwieriger, geeignete und motivierte Lehrlinge zu finden, sagte Wolfgang König, Geschäftsführer des Brandenburgischen Handwerkskammertages am Freitag in Potsdam. Viele Bewerber scheiterten selbst an kleinen mathematischen Aufgaben, die teilweise Grundschulniveau haben, so auch Victor Stimming, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Brandenburger Industrie- und Handels-kammern. „Wir können in zwei Jahren Berusfausbildung nicht nachholen, was Schule in zehn Jahren nicht geschafft hat.“ Die Folge ist ein Teufelskreis: Allein in diesem Jahr haben laut König landesweit 902 Handwerks-Lehrlinge die Abschlussprüfungen der Berufsausbildung nicht bestanden, was einer Durchfallerquote von 29 Prozent entspricht. Bei den Industrie- und Handelskammern liegt die Quote bei bei 25 Prozent, Tendenz steigend Richtung 30-Marke, so Stimming. Das Problem: Jeder „Durchfaller“, der seine Prüfung nach einem halben Jahr wiederholen kann, blockiert einen Ausbildungsplatz, der schon für den kommenden Jahrgang benötigt wurde. Im Klartext: Bildungsdefizite verschärfen Brandenburgs Ausbildungsplatz-Problem. Hinzu kommt, dass viele unvermittelte Jugendliche „gar keine Lehrstelle haben wollen“, so König. So gibt es derzeit im Land 2225 Jugendliche, die noch keinen Ausbildungsplatz haben. Rund 1650 Lehrstellen sind noch nicht besetzt, davon fast vierhundert in Betrieben. Doch deuten „die Ergebnisse der Nachvermittlungsaktionen in Cottbus und Potsdam daraufhin, dass viele derzeit unvermittelte Jugendliche noch nicht ausbildungsreif sind“, heißt es in einer Presseerklärung der Kammern. Ein Beispiel: Im Kammerbezirk Potsdam – zuständig für Westbrandenburg – waren kürzlich 627 noch unvermittelte Jugendliche schriftlich zu einer Ausbildungsplatzbörse eingeladen worden, aber nur 270 erschienen. In Cottbus kamen weniger als die Hälfte der 1700 zur Nachvermittlung eingeladenen Jugendlichen. Und von den 750 Erschienenen hatten 75 Prozent in Mathematik eine Abschlussnote Vier und schlechter. Dabei hat Brandenburgs Wirtschaft in diesem Jahr 9929 betriebliche Ausbildungsplätze geschaffen, 267 mehr als im Vorjahr - und damit trotz der Wirtschaftsflaute ihre Zusage beim „Ausbildungsplatzgipfel“ mit der Landesregierung vom Frühsommer 2003 eingelöst. Um so mehr fühle man sich brüskiert, so Stimming, dass SPD-Vertreter der Landesregierung von der damaligen Zusage abgerückt sind, die Debatte um eine zwangsweise Ausbildungsplatzabgabe aus Brandenburg herauszuhalten. Namentlich nannte Stimming Arbeits- und Sozialminister Günter Baaske. Dieser hatte unter anderem auf dem jüngsten Eberswalder SPD-Parteitag mit einer Ausbildungsplatzabgabe gedroht, falls die Wirtschaft ihren Verpflichtungen nicht nachkomme. Unter dem Eindruck seiner flammenden Rede fasste der SPD-Parteitag sogar einen Beschluss, in dem die Einführung einer Ausbildungsplatz-Abgabe gefordert wird. Inzwischen ist allerdings auch Baaske in dieser Hinsicht deutlich zurückhaltender. Statt einer gesetzlichen Zwangsabgabe favorisiert er ein „ohne Staatsbeteiligung vereinbartes Umlageverfahren“ innerhalb der Wirtschaft, wie es in einigen Branchen bereits praktiziert wird.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })