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War ein Pilotprojekt für öffentlich-private Partnerschaften: Brandenburgs Finanzministerium.

© Anderas Klaer.

Brandenburg: Brandenburgs Linken-Spitze muss ihrer Basis einen Bau erklären

Brandenburgs Regierung lässt in Potsdam ein Regierungsgebäude öffentlich-privat errichten – das wollte die Linke eigentlich nicht mehr. Jetzt muss sich die Parteispitze der Basis erklären.

Stand:

Potsdam - Die Angelegenheit ist für die Brandenburger Linke so heikel, dass die Spitzen von Partei und Landtagsfraktion sich in einem Brief an die Basis erklären mussten: Die rot-rote Regierungskoalition hat sich entschieden, einen Bau in Öffentlich-Privater Partnerschaft (ÖPP; siehe unten) errichten zu lassen – obwohl sie sich selbst dagegen ausgesprochen hat, obwohl die Linke derlei Verfahren grundsätzlich ablehnt und obwohl feststeht, dass das Projekt nicht wirtschaftlich wird. Die Linke-Spitze muss sich aber rechtfertigen, obwohl das lange feststeht. Der zuständige Finanzminister Helmuth Markov (Linke) hatte nach Kritik des Landesrechnungshofes am ÖPP-Modell bereits im Herbst 2011 festgelegt, dass keine Bauten mehr in ÖPP gebaut werden sollen – mit einer Ausnahme: Schon damals hatte er erklärt, dass das Projekt, um das es nun geht, nicht gestoppt werden kann. Das Projekt ist ein Erbe aus der Zeit seines Vorgängers Rainer Speer (SPD), der das Modell durchgesetzt hatte – mit zahlreichen Mängeln, wie sich später herausstellte (siehe unten).

Und darum geht es: Bis zum Jahr 2015 soll in Potsdam an der Henning-von-Tresckow-Straße nun für das Sozial- und das Umweltministerium ein Bürokomplex entstehen. Nach einem kürzlich vom Finanzausschuss des Landtags gefassten Beschluss soll trotz der schlechten Erfahrungen mit Kostensteigerungen für das Land beim Landtagsneubau und beim neuen Finanzministerium das ÖPP-Verfahren ein letztes Mal genutzt werden. Der Entscheidung voraus ging ein wochenlanges Tauziehen bei den Linken. Fraktion und Parteivorstand hätten sich mehrheitlich dazu durchgerungen, das Projekt nicht zu stoppen, heißt es nun in den Schreiben. Maßgeblicher Grund sind mögliche Schadenersatzforderungen in Höhe von zwei bis sieben Millionen Euro durch alle am Verfahren für das Bauprojekt beteiligten Bieter. Zudem wurden Fakten geschaffen: Laut Finanzministerium ist das Ausschreibungsverfahren ausgewertet und das Angebot des Bestbieters ausverhandelt. „Eine Entscheidung ist daher getroffen“, sagte ein Ministeriumssprecher.

Die Hoffnung der Linken, das ÖPP-Projekt trotz Markovs alter Festlegung doch stoppen zu können, beruhte auf Erkenntnissen des Ministeriums zur Wirtschaftlichkeit. Die Ersparnis durch das beste Angebot ist gegenüber einem Bau durch das Land mit 4,2 Prozent sehr gering. Angestrebt waren sieben Prozent. Im Allgemeinen wird für ÖPP-Projekte mit einer Kostenersparnis zwischen zehn bis fünfzehn Prozent geworben. Die Gesamtkosten sollen sich auf rund 79,3 Millionen Euro belaufen, im Eigenbau durch das Land wären es demnach 82, 8 Millionen Euro – ein Unterschied von 3,5 Millionen Euro.

Das ÖPP-Verfahren beinhaltet die Errichtung, die Finanzierung und den Betrieb des Gebäudes durch den besten Bieter über 30 Jahre. Danach geht das Gebäude an den Staat über. Der Theorie nach, die noch vor einigen Jahren im Zuge der Privatisierungen und Sparmaßnahmen als vielversprechend galt und von Speer favorisiert wurde, sollte der Staat dabei sparen. „Die solchen Modellen zugrunde liegenden juristischen Konstruktionen führen dazu, dass die vertraglichen Risiken überwiegend von der öffentlichen Hand getragen werden, während die private Vertragspartei in der Regel mit garantierten Einnahmen rechnen kann“, sagt der aus der Bundestagsfraktion der Linken ausgetretene Cottbuser Abgeordnete Wolfgang Neskovic. Mit ÖPP würden die öffentlichen Kassen „mit hoher Professionalität ausgeplündert“.

Die Linke verteidigte in dem zweiseitigen Brief an die Basis die Entscheidung. Neben drohendem Schadenersatz hätte es Verzug für den Bau gegeben. Absprachen für die Übergabe der alten Ministeriumsgebäude an Bundespolizei, Forschungsinstitute und Landesbehörden im Jahr 2015 wären hinfällig. Zudem verweisen Fraktion und Parteivorstand darauf, zumindest etwas erreicht zu haben: Es soll nun wirklich keine weiteren ÖPP-Bauten geben. Und bei diesem Bau soll auf Tarif- und Mindestlohn geachtet werden und für Putzkräfte und Wachschützer im Neubau soll Brandenburger Mindestlohn gelten.

Was ist ÖPP und warum gibt es Kritik?

Die Modelle sind in Deutschland durchaus üblich: Bei „Öffentlich Privaten Partnerschaften“ (ÖPP), auch englisch: „Public Private Partnership“, geht es um öffentliche Investitionen von Bund, Ländern oder Kommunen – anders finanziert und realisiert. Beauftragte Unternehmen bleiben langfristige Betreiber. Die öffentliche Hand mietet oder least dann die Gebäude. Grundgedanke ist der „Lebenszyklus“ eines Gebäudes: Wenn Bau, Finanzierung und Unterhalt, Instandsetzung aus einer Hand erfolgen, kann es effizienter sein – muss es aber nicht, wie sich immer wieder auch in Brandenburg zeigt.

Brandenburgs Rechnungshof rügte etwa Ende 2011 teure Versäumnisse an dem Pilotprojekt für „Öffentlich-Private Partnerschaften im Land“, dem Neubau des Finanzministeriums in Potsdam. Der wurde durch das ÖPP-Modell nicht günstiger, sondern etwa 4,1 Millionen Euro teurer für das Land. Zudem habe es für den Bau unter dem früheren Finanzminister Rainer Speer (SPD) „keine angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung“ gegeben, monierte der Rechnungshof. Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke) kündigte damals Konsequenzen an und erklärte gegenüber den PNN, dass keine neuen ÖPP-Modelle in Brandenburg mehr geplant würden. Die laufenden, der Landtagsneubau und eben das Gebäude in der Potsdamer Henning-von- Tresckow- Straße, müssten wegen sonst fälliger Millionen-Entschädigungen zu Ende geführt werden. thm

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