
© Wappler, LAUSITZER RUNDSCHAU
Brandenburg: Braune Attacke
Redaktion der Lausitzer Rundschau in Spremberg erneut von Nazis angegriffen
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Spremberg - Erneut ist im südbrandenburgischen Spremberg (Spree-Neiße) auf die Lokalredaktion der Lausitzer Rundschau ein Anschlag verübt worden. Auf die großen Fensterscheiben sprühten Unbekannte in der Nacht zu Freitag mehrere große Hakenkreuze sowie antisemitische Sprüche wie „Juden“, „Kills Juden“ und „Wir kriegen euch alle“. Auch drei große Werbeaufsteller zur Landtagswahl wurden umgestoßen, ein Plakat der CDU wurde großflächig mit dem Spruch „Judasverein“ und einem Davidstern besprüht. Der Staatsschutz ermittelt wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und des Verdachtes der Volksverhetzung.
Spremberg gilt als Hochburg der Neonaziszene in Brandenburg, wo auch das im Juni 2012 vom brandenburgischen Innenministerium verbotene braune Netzwerk „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ aktiv war. Die Spremberger Lokalredaktion war nur wenige Wochen vor dem Verbot attackiert worden: Erst mit Parolen und Bildern einer Neonazi-Demonstration, dann wurden Schweinsgedärme ans Schild der Redaktion gehängt und mit Tierblut besudelt. Anlass waren damals die kritischen Berichte des Redakteurs René Wappler über die Neonaziszene in seiner Stadt und über einen Neonazi-Aufmarsch. „Denen reicht es schon, wenn man über sie schreibt“, sagte Wappler am Freitag den PNN. „Wir arbeiten weiter, das schüchtert uns nicht ein.“ Zum Nachdenken bleibe auch gar keine Zeit, er habe viel zu tun, es geht um eine Eingemeindung und den Besuch von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in Spremberg und eine Protestaktion der Grünen zur braun verfärbten Spree, einer Folge des Braunkohlebergbaus.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) verurteilte den Anschlag aufs Schärfste und sprach von einer ungeheuerlichen Provokation. Die Polizei werde alles tun, um den Übergriff aufzuklären. Der Vorfall zeige, wie wichtig es sei, am 14. September zur Landtagswahl zu gehen und „den Neonazis keine Chance zu geben“.
Der Chefredakteur der Lausitzer Rundschau, Johannes M. Fischer, sagte den PNN: „Wir reagieren genauso wie bei den anderen Angriffen. Wir lassen uns auf keinen Fall einschüchtern, im Gegenteil, wir werden noch viel stärker zu diesem Themenfeld recherchieren und den Finger in die Wunde legen“. Die Lausitzer Rundschau werde sich nicht „die wichtigsten Waffen, die Meinungsfreiheit, Zivilcourage und das geschriebene Wort“ aus der Hand nehmen lassen. In Spremberg gebe es eine rechtsextreme Gruppe, „die meint, mit immer schlimmeren Parolen, in diesem Fall einem Mordaufruf, auf sich aufmerksam machen zu müssen.“ Grundsätzlich seien die Menschen in der Lausitz offen und tolerant, „die Lausitzer sind kein rechtsradikales Völkchen“. Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier (parteilos) sagte nach einem Redaktionsbesuch: „Das ist ein Angriff gegen die ganze Stadt und absolut nicht tolerierbar.“
Seit 2012 hinterließen Neonazis immer wieder nach kritischen Berichten Wapplers über die Neonazi-Szene Aufkleber an der Redaktionstür. Jüngster Anlass für die gestrige Attacke könnten Berichte über den laufenden Prozess um einen Überfall von Neonazis auf fünf linke Jugendliche im Mai 2012 sein. Für sein Engagement bekam Wappler 2013 den Henri-Nannen-Preis für Verdienste um die Pressefreiheit. Alexander Fröhlich
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