Brandenburg: Braunkohle-Aus für Berlin noch 2017
Senat will Ausstieg bis Jahresende gesetzlich festschreiben und wirft Brandenburg „falsche Versprechen“ vor
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Berlin - Rot-Rot-Grün in Berlin macht ernst mit dem Kohleausstieg: Die Koalition will das Ende der Braunkohlenutzung noch in diesem Jahr sowie das Aus für die Steinkohle bis spätestens 2030 gesetzlich festschreiben. Das kündigte Grünen-Fraktionschefin Silke Gebel in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur an. „Es ist bundesweit das erste Mal, dass dies in einem Gesetz verankert wird“, betonte sie. „Von Berlin soll ein Signal ausgehen zu sagen, der Kohleausstieg ist möglich mit einer grünen Regierungsbeteiligung.
Das Gesetz gibt allen Akteuren Planungssicherheit.“ In dem Gesetzentwurf heißt es: „Durch die Beendigung der Nutzung von Kohle aus Großkraftwerken bis 2030 kann eine signifikante Senkung der CO2-Emissionen erreicht werden und somit ein Beitrag zur Erreichung der Berliner Klimaschutzziele geleistet werden.“ Die Koalition bringt ihn am kommenden Donnerstag in das Plenum des Abgeordnetenhauses ein.
Bereits am 24. Mai will der Energiekonzern Vattenfall sein letztes Braunkohlekraftwerk in Berlin schließen: Die Anlage Klingenberg im Stadtbezirk Lichtenberg wird zu einem Gaskraftwerk umgebaut. Das war bereits in der vergangenen Legislaturperiode mit dem Konzern vereinbart worden. „Dann ist Berlin braunkohlefrei“, sagte Gebel. Dies sei ein Meilenstein auf dem Weg, die Hauptstadt bis „allerspätestens“ 2050 klimaneutral zu machen. 2020 folge die Schließung des ersten von drei Berliner Steinkohlekraftwerken am Standort Reuter in Spandau. „Berlin ist Deutschlands größte Stadt. Die Energiewende muss in den Städten stattfinden, weil diese die Hauptabnehmer von Energie sind.“
Im Nachbarland Brandenburg mit seinen Tagebauen in der Lausitz kommt der bald auch gesetzlich verankerte Ausstieg aus dem Energieträger nicht gut an. Die rot-rote Landesregierung in Potsdam weist in diesem Zusammenhang gern daraufhin, dass Berlin auf die Stromzulieferung aus Brandenburg noch auf lange Sicht angewiesen sein wird. Das gilt vor allem für die Wintermonate, in denen die Ökostromproduktion bundesweit stark abfällt und etwa 90 Prozent des Stroms aus herkömmlichen Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken geliefert werden. Fachleute sprechen von der „Dunkelflaute“. Bereits im Februar hatte Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) süffisant erklärt: „Wir sind froh, dass wir in diesen Tagen, an denen die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, die Berliner verlässlich mit Strom versorgen können, sodass es auch dort nicht dunkel wird.“ Im Jahresdurchschnitt importiert Berlin etwa ein Drittel seines Strombedarfs von den märkischen Nachbarn.
Allerdings sind auch die Tage der Braunkohle in Brandenburg gezählt. Der Widerstand in Teilen der Bevölkerung ist groß. Nicht zuletzt deshalb meint Berlins Grünen-Fraktionschefin Gebel: „Wir senden damit auch ein Signal in die Lausitz, dass dort der Strukturwandel, den wir wollen und der für die Menschen entscheidend ist, eher früher als später kommen muss.“ Und fügt hinzu: „Die Zukunft liegt im Bereich der erneuerbaren Energien.“ Die politischen Verantwortlichen in Brandenburg und anderswo müssten das den Menschen auch klar sagen: „Da werden falsche Versprechen abgegeben“, kritisierte Gebel. „Das ist ein großes Problem, weil das die Menschen in dem Irrglauben lässt, es wird ewig so weitergehen.“ Gebel erinnerte daran, dass die Braunkohle nicht nur „Klimakiller“, sondern auch „Umweltkiller“ sei. „Die Sulfate, die aus den aktiven und ehemaligen Tagebauen über die Flüsse zu uns kommen, bedrohen im Süden Berlins die Trinkwasserversorgung.“ Auch deshalb müsse gehandelt werden.
Nächstes wichtiges Ziel in Berlin sei eine klimafreundliche Wärmeerzeugung, ergänzte Gebel. Dies sei nach dem endgültigen Kohleausstieg möglich. „Notwendig ist dazu, in dezentrale Strom- und Wärmeerzeugung zu investieren. Das muss man als Politik flankieren, und dazu ist das neue Gesetz die Handlungsgrundlage.“ (mit PNN)
Stefan Kruse
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