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Energiewende à la Brandenburg. Sowohl beim Ausbau der Windenergie als auch bei der Braunkohleförderung und -verstromung ging es zuletzt in Brandenburg aufwärts. Doch was die eine Technologie an Klimaschutz bringt, wird von der anderen mehr als nur wieder aufgezehrt.

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Brandenburg: Braunkohle vermasselt Bilanz

Anstieg des CO2-Ausstoßes durch Rekorderträge aus Kraftwerken konterkariert rot-rote Klimaziele

Von Matthias Matern

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Potsdam - In einem zentralen Bereich ihrer Energiestrategie 2030 bringt die Braunkohleverstromung des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall die rot-rote Landesregierung Brandenburgs zunehmend in Erklärungsnot. Während sich SPD und Linke in dem vor rund zwei Jahren verabschiedeten Papier auf eine Senkung des landesweiten Kohlendioxid-Ausstoßes gegenüber 1990 um 72 Prozent auf 25 Millionen Tonnen pro Jahr verständigt haben, stieg die CO2-Emission zuletzt an und betrug im Jahr 2012 rund 59,5 Millionen Tonnen. Noch 2010 lag der Ausstoß bei 55,9 Millionen Tonnen. Der Anstieg gehe vor allem auf die „gesteigerte Entwicklung der Bruttostromerzeugung der Kraftwerke der allgemeinen Versorgung“ zurück, heißt es in einem Bericht des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums zum Stand der Umsetzung der Energiestrategie, der Ende der vergangenen Woche veröffentlicht wurde.

Die Braunkohlekraftwerke des Energieriesen Vattenfall sind die einzigen Kraftwerke im Regelbetrieb, die Kohlendioxid verursachen. Wie berichtete verzeichnete der Konzern im vergangenen Jahr erneut einen Anstieg bei Braunkohleabbau und -verstromung. Erst im Dezember hatte Vattenfall angekündigt, bis Jahresende 63 Millionen Tonnen Rohbraunkohle in der Lausitz aus seinen Tagebauen holen und damit in seinen Kraftwerken 57 Terawattstunden Strom erzeugen zu wollen. 2012 waren es eine Million Tonnen Kohle und zwei Terawattstunden Strom weniger. Laut des Umsetzungsberichts des Wirtschaftsministeriums haben die Kraftwerke Vattenfalls mit 62,4 Prozent weiterhin den größten Anteil am CO2-Ausstoß im Land.

Trotz der gegenläufigen Entwicklung hält die Landesregierung dem Bericht zufolge weiter an der Braunkohleförderung und -verstromung fest und setzt dabei vor allem auf effizienzssteigernde Entwicklungen Vattenfalls. Die Ausführungen zur Abscheidung und zur späteren Speicherung oder zum Abtransport des klimaschädlichen Gases aus der Kohleverstromung klingen dagegen unverändert ernüchternd. Nach dem Aus für das CCS-Projekt (Carbon Capture and Storage) Vattenfalls am Kraftwerkstandort Jänschwalde (Spree-Neiße) sei „auf absehbare Zeit“ kein anderes Projekt in Sicht. Ein Vorhaben des Stahlriesen Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) sei aufgrund ungelöster technischer Fragen derzeit unrealisierbar. Die von Rot-Rot favorisierte Idee eines europaweiten Pipeline-Systems zum Abtransport von CO2 in ausländische Speichergebiete wird gar nicht erst erwähnt.

Eine positive Bilanz zieht das Wirtschaftsministerium dagegen beim Ausbau der erneuerbaren Energien. So sei etwa nach einem zuletzt kontinuierlichen Rückgang der installierten Leistung der Zubau von Windkraftanlagen im Jahr 2012 wieder in Schwung gekommen. Um den angepeilten Ertrag von 10 500 Megawatt aus Windkraft zu erreichen, soll der Anteil der Windeignungsgebiete auf knapp zwei Prozent der Landesfläche erweitert werden. Von den 10 500 Megawatt sind aber gerade einmal knapp 5000 Megawatt am Netz. 2012 wurden 248 Megawatt neu installiert, 2011 waren es nur 181 Megawatt. Der Zubau auf der einen Seite erhöht aber auf der anderen Seite den Druck auf den Ausbau, und zwar der Stromnetze. Hierzu verweist der Bericht aber vor allem auf Studien, Verhandlungen und Gespräche mit Netzbetreibern und dem Bund.

Die FDP-Fraktion im Landtag wirft Rot-Rot nicht zuletzt deshalb Untätigkeit vor. „In diversen Arbeitskreisen steht diese Landesregierung mächtig unter Strom, in die Umsetzung ist bisher aber keinerlei Energie geflossen“, so der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Gregor Beyer. Der Ausbau regenerativer Energien sei sinnvoll, aber nur wenn er an den Netzausbau und dieSpeicherfähigkeit gekoppelt sei, erklärt Beyer. „Nur so entsteht real nutzbare Energie, alles andere ist ökonomischer Unsinn“, so Beyer. Am Samstag hatte die FDP selbst zu einem Energiekongress nach Potsdam geladen. Gleichzeitig hatten in der brandenburgischen Landeshauptstadt rund 2000 Menschen für eine schnellere Energiewende demonstriert. Uwe Hiksch vom Bundesvorstand der Naturfreunde forderte dabei unter anderem Brandenburgs Landesregierung auf, die Kohlepolitik zu beenden und im Landtag ein Kohleausstiegsgesetz zu verabschieden, um aus der Braunkohleverstromung auszusteigen. (mit dpa)

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