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Von Sigrid Hoff: Brennglas deutscher Geschichte

Museumsschloss Schönhausen öffnet am Samstag / Zeitreise von Preußen bis zu Gorbatschow

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Berlin - Schon der äußere Eindruck ist zwiespältig: Jahrzehntelang wirkte Schloss Schönhausen wie ein Aschenputtel, ein unscheinbarer graubrauner Kasten. Jetzt leuchtet die Fassade wieder in zartem Rosa hinter den Bäumen hervor, die feine Wandgliederung verrät den Charme der Architektur des 18. Jahrhunderts.

Hinter dem Schloss erstreckt sich jedoch kein barocker Park, sondern ein Denkmal der DDR-Gartenkunst: Eine strenge Hauptachse führt vom Haus zu einem eleganten Teepavillon der 50er Jahre. Dieser Stilmix setzt sich auch im Inneren fort und spiegelt die bewegte Geschichte des Hauses.

60 Jahre nachdem es die DDR-Führung als Präsidentensitz und Staatsgästehaus beansprucht und der Öffentlichkeit entzogen hatte, wird Schloss Schönhausen nun als Museumsschloss wiedereröffnet. 8,6 Millionen Euro hat die Restaurierung gekostet – finanziert überwiegend von Bund und Land, eine beträchtliche Summe gab die Cornelsen-Stiftung dazu.

Seit 2005 ist das Haus im Besitz der Schlösser-Stiftung. Mit der Wiederherstellung der einstigen Sommerresidenz von Elisabeth Christine, der ungeliebten Gemahlin von Friedrich dem Großen, betreten die Verwalter des Hohenzollernerbes Neuland: Erstmals wurden auch Räume aus den 50er und 60er Jahren restauriert und in die Präsentation einbezogen.

„Wir haben hier die einzigartige Situation, auf relativ kleiner Fläche zeigen können, wie die DDR repräsentiert hat“, betont Kurator Alfred Hagemann. Nach dem Abriss des Palastes der Republik und der Privatisierung des Staatsratsgebäudes sei dies der letzte Ort, an dem man den sozialistischen Staat und seine Repräsentationsformen erleben könne.

Im Erdgeschoss steht jedoch zunächst das Leben von Elisabeth Christine im Mittelpunkt, die das Schloss ab 1740 als Sommerresidenz nutzte und zu einem Kleinod des friderizianischen Rokoko umgestaltete.

Wiederhergestellt wurden Raumdekorationen mit originalen Papiertapeten und Möbeln, die im Depot der Stiftung aufgetaucht waren. Den lichten Gartensaal mit seinem gelben Stuckmarmor nutzte die Königin für kleine Essen. Jetzt hängen dort Porträts ihrer Hofdamen von Antoine Pesne.

Die Zederngalerie am südlichen Ende der Raumflucht war schon 1964 restauriert worden. Sie hatte in den 30er Jahren durch den Anbau eines Cafés gelitten. Damals nutzte die NS-Reichskunstkammer das Schloss als Ausstellungsort. Der Raum links vom Eingang, wo sich jetzt die Kasse befindet, diente im Krieg als Depot für die von den Nazis als „entartet“ bezeichnete Kunst.

In schwungvollen Bögen zieht sich die Treppe vom Foyer ins Obergeschoss. Hier ist der prunkvolle Festsaal ein Höhepunkt. In mühevoller Kleinarbeit mussten die Restauratoren die Blüten und Blätter der kostbaren Rokoko-Stuckdecke von alten Anstrichen befreien.

Im Gegensatz zur feingliedrigen Rokoko-Pracht präsentieren sich die Räume aus der Zeit der DDR: Sie bieten ein eher nüchternes Bild. Schwere dunkle Möbel stehen im Arbeitszimmer des ersten Präsidenten Wilhelm Pieck im nördlichen Flügel. Den Schreibtisch zieren sein Schreibset und ein Globus, es sind Leihgaben aus dem Deutschen Historischen Museum.

Einen beschwingten Eindruck machen hingegen die ab 1964 eingerichteten Gästeappartements: „Mit Schleiflackmöbeln im Stil der swinging Sixties, einem Teppichboden und einem lila gefliesten Bad gab man sich hier ganz up to date mit dem westlichen Design“, beschreibt Kurator Alfred Hagemann die Räume. Als letzter Staatsgast der DDR wohnte dort Michail Gorbatschow. Das war im Herbst 1989. Dann fiel die Mauer.

Ein kleiner Ausstellungsraum informiert über DDR-Geschichte und SED-Diktatur. Insofern bietet Schloss Schönhausen eine eigenartige Zeitreise - von der preußischen Königin bis zu Gorbatschow.

Schloss und Garten Schönhausen, Tschaikowskistraße 1, 13156 Berlin, sind ab 19. Dezember dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, im Sommerhalbjahr bis 18 Uhr zu besichtigen

Sigrid Hoff

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