Brandenburg: Bummelbahn statt Spitzentempo Mängel an Bahnstrecke Berlin-Cottbus
Berlin/Cottbus - Eine Reisegeschwindigkeit von 160 Kilometer pro Stunde hat die Deutsche Bahn auf der neu ausgebauten Strecke Berlin-Cottbus versprochen. Am vergangenen Samstag wurde die aufwändig sanierte Trasse freigegeben.
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Berlin/Cottbus - Eine Reisegeschwindigkeit von 160 Kilometer pro Stunde hat die Deutsche Bahn auf der neu ausgebauten Strecke Berlin-Cottbus versprochen. Am vergangenen Samstag wurde die aufwändig sanierte Trasse freigegeben. Doch noch rollen die Züge zumindest auf einem Teilabschnitt nicht einmal die übergangsweise angepeilten 120 Kilometer pro Stunde. Auf einem rund 200 Meter langen Stück bei Bestensee (Dahme-Spreewald) darf derzeit nicht schneller als 70 Kilometer pro Stunde gefahren werden. Der Grund sei eine „leichte Absenkung“ der Gleise auf moorigen Untergrund, bestätigte Bahnsprecher Burkhard Ahlert am Dienstag entsprechende Medienberichte.
Für die Fahrtzeit sei die Geschwindigkeitsbegrenzung jedoch „irrelevant“, die Züge seien „pünktlich“, teilte die Bahn gestern mit. Ob die entsprechende Stelle ausgebessert werden müsse, werde derzeit geprüft, sagte Ahlert. „Wir führen Messungen durch. Sollte es notwendig sein, werden wir das Schotterbett nachstopfen. So ist es mit dem Eisenbahnbundesamt abgesprochen“, berichtete der Bahnsprecher. Da die Maßnahmen, wenn nötig, nachts außerhalb des regulären Bahnverkehrs stattfinden würden, wäre mit Einschränkungen nicht zu rechnen. Die Bahn versicherte zudem, dass ab Ende Oktober auf der gesamten Strecke wieder 120 Kilometer pro Stunde gefahren werden könne, die vorgesehenen 160 Kilometer pro Stunde außerdem wie geplant im Dezember eingeführt würden.
Festgestellt wurden die Mängel laut Ahlert bereits vor in Betriebnahme der Strecke. Noch am Freitag hatte die Bahn zum Test mehrere schwer beladene Güterzüge auf der neuen Trasse fahren lassen. Der Fahrgastverband Igeb kritisierte deshalb gestern die Informationspolitik der Bahn. „Auf der Pressekonferenz zur Eröffnung der Strecke am Samstag wurde die Gleisabsenkung mit keinem Wort erwähnt. So entstand der Eindruck, die Bahn hätte etwas zu verbergen“, sagte der stellvertretende Verbandsvorsitzende Jens Wieseke gegenüber den PNN. „Irritierend“, so Wieseke, sei auch die Tatsache, dass es überhaupt zu der Absenkung gekommen ist. „Die geologischen Gegebenheiten hätten doch klar sein müssen“, meinte er. Möglicherweise seien die Voraussetzungen nicht ausreichend untersucht worden, weil die Planungen für die Sanierung damals „unter enormen Zeitdruck“ gestanden hätten.
Jahrelang hatte das Land Brandenburg erfolglos den Ausbau der Strecke gefordert. Möglich aber wurde die Investition erst durch die Mittel aus dem Konjunkturpaket II, dass die Bundesregierung wegen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise aufgelegt hatte. Die Bauarbeiten begannen im Mai 2010. Die Kosten beliefen sich auf etwa 130 Millionen Euro.
Planungsfehler schloss Bahnsprecher Ahlert gestern aus. Es sei völlig normal, dass sich ein Gleisbett nach einem kompletten Neubau erst „setzen“ müsse. An der betreffenden Stelle seien die Gleise außerdem im Vergleich zur alten Trasse etwas versetzt worden, da die geplanten höheren Geschwindigkeiten einen größeren Radius erfordert hatten, erläuterte Burkhard Ahlert. Zusätzliche Kosten durch ein möglicherweise erforderliches „Nachstopfen“ werde es nicht geben. „Solche Maßnahmen sind im Budget eingeplant.“
In Brandenburgs Infrastrukturministerium reagierte man gelassen. „So dramatisch ist das nicht. Die Bahn hat uns versprochen, dass es sich um normale Kinderkrankheiten handelt, die bald behoben sind“, sagte Ministeriumssprecher Lothar Wiegand gestern. M. Matern
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