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Altschließer. Was aus dem Hahn kommt, muss auch wieder abließen.

© dpa/Oliver Berg

Urteil zu Altanschließern: Bürger erstreitet sich Rückzahlung

In Brandenburg gilt noch das DDR-Staatshaftungsrecht. Die Folgen hat das Land beim Hilfspaket für Verbände nicht berücksichtigt.

Stand:

Storkow/Potsdam - Für die Altanschließer in Brandenburg gibt es neue Hoffnung: Im erbitterten Streit um die Rückzahlung rechtswidriger Beiträge für alte Kanalanschlüsse in Brandenburg hat erstmals ein Bürger seine Forderung vor Gericht durchgesetzt. Das Landgericht Frankfurt (Oder) habe am Freitag entschieden, dass der Wasser- und Abwasserzweckverband Scharmützelsee-Storkow dem Bürger die Beiträge nach dem Staatshaftungsgesetz zurückzahlen müsse, sagte der Geschäftsführer des Landeswasserverbandstags, Turgut Pencereci, am Samstag. Er hatte den unterlegenen Wasserverband als Bevollmächtigter vor Gericht vertreten. Das Besondere: Anspruch auf Rückzahlung haben nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nur Bürger, die gegen die Beitragsbescheide Widerspruch eingelegt haben. Wenn die Altanschließer ohne Widerspruch gezahlt haben, sind die Bescheide rechtskräftig und können vor den Verwaltungsgerichten nicht mehr angefochten werden. Daher hatte sich der Kläger vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) auf das Staatshaftungsgesetz aus DDR-Zeiten gestützt, das in Brandenburg noch gilt – und Recht bekommen.

Verfahren könnte noch bis zum Bundesverfassungsgericht gehen

Erleichtert zeigte sich das Wassernetz Brandenburg als Interessenvertretung der Bürger. „Das lässt Hunderttausende Betroffene der gesetzwidrigen Beiträge hoffen, dass nun endlich auch die Verbandsführungen und deren Rechtsberater einsehen, dass ein weiteres Verzögern der Aufhebung der Beitragsbescheide keinen Sinn macht“, sagte Sprecher Thomas Kaiser. Die Verbände müssten für Gleichbehandlung sorgen und allen Bürgern die Beiträge zurückzahlen. Der Landeswasserverbandstag erwartet weitere Gerichtsentscheidungen. Pencereci betonte, zur Staatshaftung könnten aber wohl erst der Bundesgerichtshof oder das Bundesverfassungsgericht abschließend Klarheit bringen. Der Verband habe bereits Revision gegen das Urteil angekündigt. Daher plane der Landeswasserverbandstag Musterverfahren, um das Land in die Verantwortung für die Kosten zu nehmen.

Land will nur für zwingende Rückzahlungen aufkommen

Die rot-rote Landesregierung hat den Verbänden nur finanzielle Unterstützung für die Rückzahlungen zugesagt, die rechtlich zwingend sind. Dies soll rund 200 Millionen Euro kosten. Sollten auch Bürger ihr Geld zurückbekommen, die ohne Widerspruch gezahlt haben, könnte dies weitere 400 Millionen Euro kosten.

Die Gruppe BVB/Freie Wähler sprach von einem „großen Sieg“ für Altanschließer. „Es kann davon ausgegangen werden, dass die Tausenden Parallelfälle ähnlich entschieden werden“, sagte der Landtagsabgeordnete Péter Vida. Die Freien Wähler hatten dafür geworben, nach dem Staatshaftungsgesetz zu klagen. Vida forderte die Landesregierung auf, per Erlass die Wasserverbände zu bitten, die Ansprüche der Bürger anzuerkennen. Die Kosten müsse das Land übernehmen. Das Innenministerium nannte das Frankfurter Urteil eine Einzelfallentscheidung.

Klaus Peters

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