Position: Bürgerbeteiligung nach dem Brandenburger Weg
Brandenburgs Landesregierung grenzt die freien Schulen weiter aus.
Stand:
Am heutigen Freitag ist konstituierende Sitzung einer Kommission, die sich mit künftigen Modellen der Grundschulversorgung im ländlichen Raum Brandenburgs befasst. Hintergrund ist: Es gibt ab 2017 erneut einen drastischen Rückgang der Kinderzahlen bei der Einschulung. Konzepte sind gefragt, bisherige Antworten wie Schulschließung und längere Fahrzeiten werden nicht allein die Lösung bringen. Da ist es gut, sich rechtzeitig Gedanken zu machen.
Die Landesregierung will mit der Kommission ein „umfassende Beteiligung der mit der schulischen Bildung im Land Brandenburg befassten Akteure“ realisieren. Ministerin Münch hat im Einladungsbrief eine Liste der Eingeladenen verschickt; Vertreter von Schulen in freier Trägerschaft sind nicht dabei, und das wurde auf Nachfrage bekräftigt. Entweder also werden die Träger Freier Schulen nicht als Akteure im Bereich Bildung angesehen – wohlgemerkt: Schulen, die als Ersatz für öffentliche Schulen voll anerkannt sind, an denen man der gesetzlichen Schulpflicht genügt und die die gleichen Abschlüsse vergeben wie staatliche Schulen! – oder es ist mit der umfassenden Beteiligung nicht ernst gemeint. Also Beteiligung nur der Akteure, die der Regierung genehm sind? Zeichnet sich hier im Demokratieverständnis ein spezieller „Brandenburger Weg“ ab? Für die Ausladung der Vertreter von Schulen in freier Trägerschaft gibt die Ministerin in ihrer Antwort an die AGFS eine Begründung, die aufhorchen lässt: „Anders, als Sie es in ihrem Schreiben darstellen, erfüllen Ersatzschulen jedoch keinen öffentlichen Versorgungsauftrag.“ Das Argument haben Vertreter Freier Schulen im letzten Jahr schon in vielen Variationen gehört. Es wird aber durch Wiederholung nicht besser.
Die Landesverfassung legt dem Land (Gesetzgeber, Regierung, Kommunen) die Pflicht auf, für ein ausreichendes Schulangebot zu sorgen. Das Grundgesetz aber, das in der Landesverfassung aufgenommen wird, bestimmt, dass Schulen in freier Trägerschaft (damals sagte man: Privatschulen) mitwirken dürfen, was nach geltender Rechtsprechung heißt: Diese Schulen muss der Staat schützen und fördern, auch wenn sie ihm gelegentlich in seinen Planungen in die Quere kommen. Denn sie verwirklichen ein Freiheitsrecht der Bürger. Es soll nie wieder zu einem Staatsmonopol in Sachen Bildung kommen können. Ostdeutschen muss diese Verfassungsgarantie erst recht heilig sein.
Freie Schulträger haben also nicht den globalen Versorgungsauftrag, aber sie wirken an seiner Erfüllung mit und haben darin Anspruch auf besonderen Schutz eines Staates, dessen Vertreter ihre Aufgaben kennen sollten. Das gilt in noch höherem Maße für die sog. „Ersatzschulen“, also allgemeinbildende, berufliche und Förderschulen, die auf dieselben Bildungsziele, aber mit je eigenen Konzepten hinarbeiten. Es geht hier um Bürgermitwirkung und um Vielfalt des Angebots. Gerade solche Vielfalt zu gewährleisten, ist nach dem Brandenburgischen Schulgesetz besonderer Auftrag der Schulen in freier Trägerschaft. Muss man das wirklich juristisch gebildeten Menschen erst erklären? Erklärungen helfen freilich nicht, wo politischer Wille entgensteht.
Die Kommission soll sich um die Versorgung mit schulischen Angeboten kümmern. Wie die Aussperrung der Freien Schulen nahelegt, wird es eher auf eine Versorgung auf dem Niveau von „Brot und Wasser“ hinauslaufen. Das ist der Fluch des Staatsverständnisses im Sinne eines Versorgungsstaates in Zeiten knapper Mittel.
Wie war das doch, Herr Platzeck, in der kurzen Zeit Ihres SPD-Vorsitzes? Sie wollten Ihre Partei für einen Paradigmenwechsel vom „Versorgungsstaat“ zum „vorsorgenden Sozialstaat“ gewinnen. Letzterer schätzt die aktive Mitwirkung seiner Bürger und setzt auf ihr Engagement. Diese Vision ist Ihnen wohl in der jetzigen Koalition abhanden gekommen? Oder soll für die Bildung der Versorgungsstaat maßgeblich bleiben?
Der Autor ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen Brandenburg
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: