Brandenburg: Bürgermeister-Stichwahl mit Vorbestraftem
Land gab keine Bewertung ab, ob Gubens Ex-Bürgermeister überhaupt sein Amt ausüben dürfte
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Guben - Diese Stichwahl um das Bürgermeisteramt ist alles andere als gewöhnlich: Am Sonntag wird in der südbrandenburgischen Kleinstadt Guben (Spree-Neiße) entschieden, ob der vorbestrafte frühere Amtsinhaber Klaus-Dieter Hübner (FDP) erneut Rathauschef wird. Das Landgericht Cottbus hatte 2015 den damals 63-Jährigen wegen Bestechlichkeit und Untreue zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt.
Dem Urteil zufolge hatte eine Gartenbaufirma auf dem Privatgrundstück des damaligen Bürgermeisters kostenlos den Rasen gemäht. Im Gegenzug sorgte Hübner dafür, dass das Unternehmen an städtische Aufträge kam. Hübner hatte die Vorwürfe im Prozess bestritten. Das Urteil ist rechtskräftig – deshalb ist eine vorzeitige Bürgermeisterwahl notwendig. Eigentlich hätte turnusmäßig erst 2017 gewählt werden sollen. Dass Hübner erneut zur Wahl antritt, ist in der Stadt umstritten.
Mehrere Fraktionen und Wählervereinigungen schlossen sich zusammen und unterstützen jetzt gemeinsam Hübners Gegenkandidatin Kerstin Nedoma (Linke). Die 53-Jährige ist Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung. Bei der Bürgermeisterwahl Ende Juni hatte keiner der Kandidaten die erforderliche Mehrheit erreicht. Hübner kam auf 47,4 Prozent, Nedoma auf 28,7 Prozent. Die Entscheidung fällt nun in der Stichwahl.
Bislang ist nicht geklärt, ob Hübner bei einem Wahlsieg aufgrund der Verurteilung sein Amt uneingeschränkt ausüben darf. Mehrere Gubener Rathaus-Fraktionen wandten sich unlängst mit dieser Frage an das Innenministerium in Potsdam. Das Land gab aber keine Bewertung ab und berief sich auf die „gebotene Neutralität staatlicher Stellen in Wahlkampfzeiten“, wie aus einer Stellungnahme hervorgeht. Darin heißt es zudem, dass das Ministerium vor dem Wahlergebnis keine Notwendigkeit sehe, „mit Blick auf sich daraus eventuell ergebende dienst- und disziplinarrechtliche Folgen schon im Vorfeld abschließende Bewertungen abzugeben“.
Auch der Landkreis Spree-Neiße äußert sich vor der Wahl nicht mehr dazu, wie er als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde reagieren wird, falls Hübner die Wahl gewinnt. Hintergrund ist auch eine einstweilige Verfügung des Verwaltungsgerichts Cottbus gegen Landrat Harald Altekrüger (CDU), die vor der Wahl im Juni erlassen worden war. Demnach darf Altekrüger vor einem Wahlergebnis nicht mehr wiederholen, dass er Hübner bei einem Wahlsieg nach Amtsantritt und Einleitung eines Disziplinarverfahrens vorläufig suspendieren würde.
Das Gericht betonte – wie das Innenministerium in seiner Stellungnahme –, dass staatliche und kommunale Organe während der Wahlzeit das Gebot staatlicher Neutralität zu beachten hätten. Unlängst hatte der Rechtswissenschaftler Ulrich Battis auf Anfrage die Einschätzung abgegeben, dass ein Wählervotum für Hübner Zweifel an dessen Eignung aufheben würde. Anna Ringle
Anna Ringle
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