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Der Brandenburger Landtag im Landtagsschloss in Potsdam
Foto: Thorsten Metzner 

© Thorsten Metzner

Keine Mehrheit beim BSW: Einrichtung von Bürgerräten in Brandenburg vorerst gescheitert

Die SPD-BSW-Koalition in Brandenburg ist uneinig über neue Beratungsgremien beim Landtag, mit denen Bürger stärker beteiligt werden sollten. In der BSW-Fraktion fand sich keine Mehrheit dafür.

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Es war das Prestigeprojekt von Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke: Am Landtag sollte es Bürgerräte geben, die Bürgerinnen und Bürger stärker an politischen Entscheidungen beteiligen sollten. Doch die eigentlich für September vorgesehene Einrichtung der Gremien ist vorerst gescheitert: In der BSW-Fraktion fand sich keine Mehrheit für das Projekt. Darüber hatte zunächst die „Märkische Oderzeitung“ berichtet.

Weitere Gespräche zwischen den Koalitionspartnern

„Der aktuelle Stand ist, dass wir weiter im Gespräch mit dem Koalitionspartner sind, aber noch keine befürwortende Beschlusslage haben“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der BSW-Landtagsfraktion, Falk Peschel, am Mittwoch unserer Redaktion. Hauptsächlich gebe es Kritik an der Frage, wie die Mitglieder der Bürgerräte ausgewählt werden sollen. In der Fraktion gebe es Stimmen, die sich eine Auswahl nach einem absoluten Zufallsprinzip wünschen. Es solle ein breites Spektrum der Bevölkerung abgebildet werden.

Das Projekt ist aber noch nicht tot.

Falk Peschel, Parlamentarischer Geschäftsführer der BSW-Landtagsfraktion

Kritisiert wurde auch, dass dafür eine Agentur ausgewählt werden sollte. „Das Projekt ist aber noch nicht tot“, sagte Peschel. SPD-Generalsekretär Kurt Fischer sprach sich dafür aus, an den Bürgerräten festzuhalten. „Wir haben das grundsätzlich beraten und abgestimmt, und wünschen uns, dass wir mit dem BSW zu einer gemeinsamen Einigung kommen.“ Generell sei man mit dem Koalitionspartner derzeit aber in guten Gesprächen. Die Diskussionen zu den Themen des Dezember-Landtagsplenums kämen gut voran.

„Ich nehme die Ablehnung der Einsetzung eines Bürgerrates durch die BSW-Fraktion erstaunt zur Kenntnis, zumal zuletzt noch alle Änderungswünsche des BSW eingearbeitet wurden“, sagte SPD-Fraktionschef Björn Lüttmann. „Wir sind aber miteinander im Gespräch, wie wir dieses wichtige Vorhaben der Landtagspräsidentin retten können.“ Er selbst halte Bürgerräte für ein mögliches Instrument, um Bürgerinnen und Bürger stärker in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Sie ersetzten das Parlament nicht, aber sie könnten Debatten versachlichen und die Distanz zur Politik verringern.

„Irritierend ist die Ablehnung auch mit Blick nach Thüringen: Dort war die Einführung von Bürgerräten nach eigener Darstellung des BSW eine wichtige Bedingung für eine Koalition“, sagte Lüttmann. Allerdings – dazu äußerte sich der SPD-Fraktionschef nicht – ist es kein Geheimnis, dass Teile der Brandenburger BSW-Fraktion die Regierungsbeteiligung ihrer Partei in Brandenburg und Thüringen zunehmend kritisch sehen. Eine Distanz zum Thüringer Landesverband könnte daher gewollt sein.

Der Verein „Mehr Demokratie“ erklärte am Mittwoch, dass es zum bundesweiten Standard von Bürgerräten gehöre, dass zur Durchführung eine externe Beteiligungsagentur beauftragt werde. So sei sichergestellt, dass das ausgewählte Thema neutral moderiert werde und keine parteipolitische Schlagseite bekomme, sagte Oliver Wiedmann, Sprecher des Landesvorstands „Mehr Demokratie Berlin-Brandenburg“. „Die Arbeit in wechselnden Kleingruppen in Bürgerräten erfordert nun einmal Know-how und personelle Ressourcen, die vom Landtag so nicht bereitgestellt werden können.“ Dementsprechend seien Mittel im Landeshaushalt zur Verfügung gestellt worden.

Kritik von Linke und Grünen

Vertreter der nicht mehr im Landtag vertretenen Parteien Bündnis 90/Die Grünen und Linke kritisierten die weiteren Verzögerungen. „Der Bürgerrat ist eines der zentralen Instrumente demokratischer Beteiligung“, sagte die Landesvorsitzende der Grünen, Juliane Meyer. „Die Abgeordneten des BSW spielen taktische Spielchen in Zeiten, in denen Brandenburg Verlässlichkeit und Verantwortungsbewusstsein braucht.“ Der Bürgerrat müsse endlich seine Arbeit aufnehmen.

Der stellvertretende Landesvorsitzende der Linken, Stephan Wende, sprach von einem Trauerspiel der Regierungskoalition. „Die Begründung des BSW für die Blockade ist entweder dreist oder von Unkenntnis geprägt“, sagte Wende. „Die Steuerung des Verfahrens durch eine externe Beteiligungsagentur soll ja gerade ein politisch unbeeinflusstes Verfahren gewährleisten, sowohl was die Auswahl der Beteiligten als auch was die Themenfindung angeht.“ Bürgerräte seien eben nicht als Bestätigungsgremium für Regierungskoalitionen gedacht. „Ihre Einführung wäre ein großer Gewinn für Brandenburg.“

Stimmen aus der Opposition wird es für die Einführung von Bürgerräten indes nicht geben. „Den größten Bürgerrat Brandenburgs gibt es bereits, das ist der Landtag“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Steeven Bretz. „Zusätzliche Gesprächskreise, in denen Bürger aufeinandertreffen, etwas beraten, aber nichts entscheiden, lösen keine Probleme.“ 

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