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Anstehen statt klicken - Realität in den meisten Behörden in der Mark.

© picture alliance/dpa / Jörg Carstensen

Bürgerservice digital : Brandenburgs Regierung im Rückstand

Ab 2023 sollten alle Behördengänge online erledigt werden können. Ein Bericht offenbart, wie weit davon jedes Ministerium im Land entfernt ist.

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Wenige Klicks statt extra zum Termin aufs Amt: Das Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet alle deutschen Behörden, ab 2023 ihre Verwaltungsdienstleistungen auch elektronisch anzubieten, ob Führerschein oder Wohngeldantrag. Dass Brandenburg dieses Ziel wie alle anderen Länder verfehlen wird, ist schon länger klar. Doch nun offenbart ein neuer Bericht der Landesregierung zum aktuellen „Sachstand der Umsetzung“ für das Parlament detailliert, wie weit das Land vom vollen Online-Service für seine Bürgerinnen und Bürger aktuell noch entfernt ist, welche Ministerien vorn liegen und welche in krassem Rückstand sind.

Erst 88 von 6077 Leistungen können online erfolgen

Danach sind Ende 2022, wo alles fertig sein sollte, erst 88 der 6077 Behördendienstleistungen OZG-konform digitalisiert. Das heißt, dass die Leistung mindestens online beantragt werden (Reifegrad 3) der vollständig digital (Reifegrad 4) abgewickelt werden kann. Die volle Abwicklung ist erst für drei Dienstleistungen möglich.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen.

© dpa/Fabian Sommer

Über weitere 1164 Behördendienstleistungen gibt es mittlerweile zumindest Informationen online (Reifegrad 1), steht die Überführung zum Digitalservice am Anfang mit dem vor einem Jahrzehnt üblichen Minimalstandard. Für 310 Dienstleistungen finden die Bürger zumindest online einen Formular-Assistenten (Reifegrad 2), der beim Ausfüllen hilft, wobei eine digitale Beantragung noch nicht möglich ist.

Kulturministerium hat seine Digital-Hausaufgabe zur Hälfte geschafft

Aufschlussreich ist ein Digital-Ranking, wo die Regierung steht, das aus den Daten des 42-Seiten-Berichtes ebenfalls hervorgeht. Wie hat jedes Ministerium seine To-Do-Liste umgesetzt? Im Soll-Ist-Vergleich der Dienstleistungen, für die man online ein Formular ausfüllen oder digital beantragen kann, steht das Wissenschafts- und Kulturministerium an der Spitze, und zwar mit 40 der 84 der zu digitalisierenden Leistungen (47,6 Prozent). Das Ressort hat die Hälfte seiner Arbeit geschafft.

Es folgt die Staatskanzlei, zumindest rechnerisch, die von den lediglich sechs zu lösenden Leistungen zwei umgesetzt hat, was extrem schlecht ist, aber prozentual (33 Prozent) für ein gutes Abschneiden reicht. Auf dem dritten Platz landet das Finanzministerium mit 50 von 237 Online-Leistungen, also einem Umsetzungsgrad von 21 Prozent. Dahinter reihen sich das Wirtschaftsministerium (64 von 370, 17 Prozent), das Infrastrukturministerium (62 von 414, 15 Prozent) und das Justizministerium (10 von 107, 9,3 Prozent) ein.

Innenministerium muss 801 Leistungen digitalisieren

Es folgen die beiden Ressorts, die zahlenmäßig die Hauptlast bewältigen müssen: Das Gesundheits- und Sozialministerium, das 575 Leistungen digitalisieren muss, hat für 51 diese Zwei-bis-Vier-Reifegrade (8,9 Prozent) und das Innenministerium, das mit 70 seiner 801 Dienstleistungen (8,7 Prozent) digital unterwegs ist.

Schlusslichter sind das Umweltministerium mit erreichten 20 Online-Dienstleistungen (von 357, Platz 9, 5,6 Prozent) und das Bildungsministerium, das mit Abstand digital am schwächsten operiert: In diesem Ressort sind erst zwei der zu bearbeitenden 92 Dienstleistungen online. Nimmt man allein die absoluten Zahlen, dann ist das Innenministerium, das den Bericht erstellte und nur diese Tabelle ausweist, mit 70 Online-Dienstleistungen Spitzenreiter, vor dem Wirtschaftsministerium (64) und dem Infrastrukturministerium (62).

Bildungsministerium ist Schlusslicht in der Regierung

Tatsächlich hängt das unterschiedliche Tempo unter anderem auch davon ab, ob und welche Vorleistungen aus anderen Bundesländern vorliegen. In Deutschland war die Digitalisierung von OZG-Dienstleistungen auf die Bundesländer nach dem Prinzip „Einer für alle“ verteilt worden sind. Für die Gesamtkoordinierung im Land ist das von Minister Michael Stübgen (CDU) geführte Innenministerium federführend zuständig.

Zweifelsohne handelt es sich bei der OZG-Umsetzung um einen disruptiven Prozess und eine komplexe Aufgabe“

Brandenburgs Regierung über den aktuellen Online-Service im Land

Doch hatte der Landesrechnungshof erst jüngst in seinem aktuellen Jahresbericht hausgemachte Versäumnisse auf Landesebene gerügt. Brandenburg sei organisatorisch nicht hinreichend aufgestellt, die administrative Koordinierung lasse zu wünschen übrig, das Innenministerium habe diese Verantwortung nicht hinreichend wahrgenommen, hieß es von der obersten Finanzkontrollbehörde des Landes. Auch die knappe Personalausstattung und Finanzausstattung seien ein Problem.

Der Brandenburger Regierungsbericht - erstellt vom Innenministerium - formuliert das Ganze so: „Zweifelsohne handelt es sich bei der OZG-Umsetzung um einen disruptiven Prozess und um eine komplexe Aufgabe, die im föderalen Geflecht nur durch eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen dem Bund, den Ländern und Kommunen zu bewerkstelligen ist.“

Als zentrale Hemmnisse werden neben Technik- und Schnittstellenfragen auch Finanzierungsprobleme auf Landesebene genannt, ebenso bei der Unterstützung der Kommunen. Gegenüber dem Rechnungshof pochte das Innenministerium dennoch darauf, einen sehr guten Job zu machen. Gleichwohl wagt in Brandenburg niemand, einen neuen Termin zu nennen, wann die Bevölkerung tatsächlich alle Verwaltungsgänge online erledigen kann.

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