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Burgfrieden in Brandenburg: Die BSW-Rebellen bleiben – die Konflikte auch
Krisensitzung in Potsdam: BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders übersteht den Sturzversuch. Die vier Kritiker, die aus der Wagenknecht-Partei austraten, bleiben in der Fraktion. Doch es gärt weiter.
Stand:
In Brandenburg hat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) innere Querelen vorläufig entschärft, die das SPD/BSW-Regierungsbündnis im Land gefährden können. Die BSW-Landtagsfraktion wendete am Freitag im Potsdamer Landtag auf einer Krisensitzung eine Spaltung zunächst ab. Die vier Abgeordneten, die mit der Begründung wachsender autoritärer Tendenzen den Austritt aus der Wagenknecht-Partei erklärt hatten, scheiterten mit dem versuchten Sturz von Fraktionschef Niels-Olaf Lüders und dem als Hardliner geltenden Vize-Chef Christian Dorst. Doch sie wollen in der Fraktion bleiben.
„Es braucht ein starkes und geeintes BSW im Landtag“, erklärte Friederike Benda, Parteichefin und Vize-Bundeschefin, die an der Aussprache teilnahm. Sie bekannte sich zur Fortsetzung der Koalition mit den Sozialdemokraten. „Wir sind uns gemeinsam mit dem Koalitionspartner der Verantwortung für dieses Land bewusst.“
Für die Abwahl von Lüders und Dorst hatten demnach sechs Abgeordnete gestimmt, dagegen acht Abgeordnete. Lüders zeigte sich zufrieden mit dem mehrheitlichen Vertrauensvotum und dem Ergebnis der Sitzung: „Wir sind weiterhin vierzehn Mitglieder dieser Fraktion. Die Koalition hat eine Fraktion im Hintergrund, die weiterhin 14 Abgeordnete hat.“ Es seien jedoch weitere Gespräche nötig.
Finanzminister verlässt Krisensitzung im Unfrieden
Ausgestanden sind die Konflikte offenbar nicht. So verließ Finanzminister Robert Crumbach (BSW) die Sitzung demonstrativ vorzeitig, schon nach einer halben Stunde, und in Unfrieden. Die BSW-Minister hatten an der Sitzung der Fraktion nicht teilgenommen.
Die vier Abgeordneten André von Ossowski, Reinhard Simon, Landtags-Vizepräsidentin Jouleen Gruhn und Melanie Matzies erklärten nach der Krisensitzung, dass sie die Fraktion bis auf Weiteres nicht verlassen werden. Er sehe sich als „Unterstützer des BSW“, erklärte Simon, der früher Intendant in Schwedt war. „Ein Übertritt wäre die letzte Option“, sagt von Ossowski. „Es wird aufs Klima ankommen.“ Ob das trage, werde man sehen. Er kritisierte, dass die Fraktionsspitze in der Sitzung jedwede Selbstkritik habe vermissen lassen. „Wir müssen jetzt sehen, ob unsere ausgestreckte Hand aufgenommen wird“, betonte Gruhn.
Koalition hat weiter keine Mehrheit für Medienstaatsverträge
Doch Deutschlands einzige SPD/BSW-Koalition behält damit vorerst weiter ihre knappe Zwei-Stimmen-Mehrheit im Landtag. Das gilt aber nicht für die Abstimmung über die beiden Medienstaatsverträge zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kommende Woche im Landtag, um die die lange gärenden Konflikte im BSW offen ausgebrochen waren.
Die BSW-Landtagsfraktion bleibt bei der bisherigen Beschlusslinie, im Landtag gegen die Staatsverträge zu stimmen. Die vier Abweichler erklärten, zur Abstimmung gemeinsam den Plenarsaal zu verlassen, um nicht gegen den Fraktionsbeschluss zu verstoßen. „Wir werden da auch orchestriert und alle gleich handeln“, sagte Matzies.
Die beiden Staatsverträge, mit denen die öffentlich-rechtlichen Anstalten durch eine Verringerung der Programme finanziell konsolidiert und der Jugendschutz in Programmen verbessert werden soll, waren im April vom SPD/BSW-Kabinett verabschiedet worden – mit dem Ja der BSW-Minister.
Dann kam der Schwenk der Bundespartei. Nach einem einstimmigen Beschluss des Bundesvorstandes hatte Brandenburgs BSW-Parteichefin Friederike Benda – Nachfolgerin von Crumbach – gemeinsam mit Fraktionschef Niels-Olaf Lüders die Parteilinie in der Landtagsfraktion durchgesetzt. Das war ein Grund für den Austritt der vier Abgeordneten.
Crumbach stichelt bei Facebook – noch während der Sitzung
Für die SPD ist der Juniorpartner nach den jüngsten Erschütterungen auf dem richtigen Weg. Ludwig Scheetz, der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, sagte: „Wir begrüßen, dass die BSW-Fraktion dabei ist, die internen Differenzen zu klären“.
Vor der Sitzung hatte Crumbach im sozialen Netzwerk Facebook dem Fraktionschef und der Parteichefin, Lüders und Benda, im Umgang mit den Medienstaatsverträgen indirekt Wortbruch gegenüber dem Koalitionspartner vorgeworfen. Er kündigte seine Zustimmung zu den Medienstaatsverträgen im Landtag an.
„Das haben die Parteivorsitzende und der Fraktionsvorsitzende im April so verabredet und dem Koalitionspartner mitgeteilt“, erklärte Crumbach. „Ich breche mein Wort nicht. Und inhaltlich ist es auch richtig.“ Und die Sitzung lief noch, als sich Crumbach via Facebook zu Wort meldete – mit einem Slogan: „Unbefugte sind nicht befugt, Unfug zu treiben!“ Unterschrift: „Der Befugte.“ Sein Kommentar dazu: „Ohne Worte“.
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