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Brandenburg: „Bürokratie-Monster“

Opposition lehnt rot-rotes Vergabegesetz weiter ab / Zahlpflicht des Landes für Kommunen weiter umstritten

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Potsdam - Auch nach einer Anhörung im Landtag bleibt die Opposition bei ihrer Ablehnung des geplanten Vergabegesetzes in Brandenburg. Auch die rot-rote Regierungskoalition will jetzt an einzelnen Punkten nachbessern.

Das Vergabegesetz sieht als Kernelement die Zahlung eines Bruttostundenlohns von mindestens 7,50 Euro bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vor. Der rot-rote Gesetzentwurf sei ein „Bürokratie-Monster“, der Wirtschaft und Kommunen vor eine unlösbare Aufgabe stellen werde, kritisierte der CDU-Abgeordnete Dierk Homeyer. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) solle deshalb die Reißleine ziehen.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Raimund Tomczak, erklärte, das Gesetz würde nur für wenige Vergabefälle gelten, wenn es beim Auftragswert von 100 000 Euro als unterste Schwelle bliebe. Damit aber wäre es ein „zahnloser Tiger“. Im Baugewerbe gebe es überdies schon jetzt eine Lohnuntergrenze von 9,50 Euro, sodass auch hier der Vorstoß ins Leere gehe. Die Kommunen schließlich befürchteten einen Mehraufwand, der mit den von der Koalition veranschlagten 6,5 Millionen Euro nicht ausgeglichen werde, meinten Homeyer und Tomczak.

Auch Bündnis 90/Die Grünen fühlten sich durch die Anhörung in ihrer Ablehnung des vorliegenden Gesetzentwurfes der Regierung bestätigt, hoben aber gleichzeitig noch einmal die Stärken ihres Gegenvorschlages hervor. So sollte es ökologische Vergabekriterien geben und Anzeichen für Dumpinglöhnen frühzeitig nachgegangen werden, sagte der Fraktionsvorsitzende Axel Vogel.

In einer ersten Reaktion auf die Kritik kündigten der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Reinhold Dellmann (SPD), und der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Detlef Baer, eine Absenkung der Wertgrenzen für das Vergabegesetz an. „Wie Gewerkschaften und Arbeitgeber sehen auch wir an dieser Stelle noch Nachbesserungsbedarf“, sagten beide. Mit geringeren Wertgrenzen „erweitern wir den Wirkungsgrad des Gesetzes“. Außerdem werde es wirksamere Kontrollen geben, um die Schwarzarbeit einzudämmen. Es habe jedoch eine breite Unterstützung für den Mindestlohn gegeben. Der Linksabgeordnete Thomas Domres stellte eine „Tiefenprüfung“ beider Vorlagen in Aussicht, um die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Strittig ist aber weiterhin, ob beim Vergabegesetz das sogenannte Konnexitäts- prinzip greifen soll, also ob das Land Mehrkosten tragen muss, die den Kommunen durch Gesetze des Landes entstehen. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hatte bereits im Vorfeld den von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) nach unten korrigierten Kostenausgleich für Kommunen in Höhe von 6,7 Millionen Euro als nicht ausreichend kritistert. Für die zu erwartenden Mehrausgaben bei Bauvorhaben durch den Mindestlohn und den zusätzlichen Verwaltungsaufwand hatten die Städte und Gemeinden ursprünglich 30 Millionen Euro gefordert. Christoffers hatte dazu drei Gutachten anfertigen lassen. Der frühere Verfassungsrichter und renommierte Potsdamer Verwaltungsrechtler Matthias Dombert hatte festgestellt, dass durch das neue Vergabegesetz zwingend das Konnexitätsprinzip greifen und das Land daher den finanziellen Mehraufwand der Kommunen tragen muss. Zwei andere Gutachter wollte lediglich eine Modifikation rechtsstaatlicher Vorgaben sehen. Aus Christoffers Sicht stand es damit unter den Experten 1:2 für jene, die eine Zahlpflicht des Landes für den Mehraufwand ablehnen. Als Vorgehen „im Sinne eines Abzählreims“ kritisierte der brandenburgische Landkreistag dies in seiner Stellungnahme für den Wirtschaftsausschuss. Für die Sicht des Ministeriums und zweier Gutachter gebe es in der bisherigen Rechtssprechung des Landesverfassungsgerichts keinerlei Grundlage. Jedenfalls muss die Landesregierung damit rechnen, dass die Kommunen und Landkreise in dieser Sache vor Gericht ziehen.

An der Anhörung zu den Gesetzentwürfen der Regierung und der Bündnisgrünen nahmen unter anderem Vertreter von Unternehmens- und kommunalen Spitzenverbänden sowie Gewerkschaften teil. Das Kabinett hatte den Gesetzentwurf Ende März verabschiedet. Er wird voraussichtlich im Spätsommer den Landtag passieren. axf/dpa

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