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Bürokratieabbau: Braucht Brandenburg 504 Gesetze?
Brandenburgs Landtag hat einen Sonderausschuss zum Bürokratieabbau gegründet. In jeder Sitzung soll ein Thema im Mittelpunkt stehen.
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Brandenburgs Landtag hat einen Sonderausschuss für Bürokratieabbau gegründet. Er soll in den nächsten Jahren zusammen mit Ministerien und Verbänden überflüssige Vorschriften und Verwaltungsverfahren finden und abschaffen. „Ich hoffe, dass wir den Mut haben, Sachen voranzubringen, weil uns das gemeinsame Ziel vereint, bürokratische Hürden für unsere Verwaltung, für Bürgerinnen und Bürger und für unsere Wirtschaft abzubauen“, sagte der neu gewählte Vorsitzende Marcel Penquitt (SPD).
Die Ministerin in der Staatskanzlei, Kathrin Schneider (SPD), sagte in der Sitzung des Ausschusses, dass der Abbau überbordender Bürokratie ein Schwerpunkt des Kabinetts in der laufenden Legislatur werden soll. Die Landesregierung werde deswegen die Arbeit des Ausschusses unterstützen.
Künftig soll Penquitt zufolge jede Sitzung mit einem Focusthema belegt werden: Ministerien sollen über Vorschläge zum Bürokratieabbau berichten, anschließend soll es Gespräche mit den beteiligten Verbänden und Institutionen geben. „Selbstverständlich muss das Fachressort eingeladen werden, wenn wir über das Thema reden“, sagte der SPD-Abgeordnete Jörg Vogelsänger. Er schlug vor, mit dem Thema Landwirtschaft anzufangen: Dies sei auch ein Zeichen der Solidarität in der aktuellen Situation. Tatsächlich hatte der Landesbauernverband bereits in der letzten Legislaturperiode mehr als 50 Vorschläge zum Bürokratieabbau vorgelegt.
Zudem soll die Landesregierung auf Vorschlag des CDU-Fraktionsvorsitzenden Jan Redmann berichten, wie sie mit bisher vorliegenden Vorschlägen von Verbänden umgegangen ist. Auch sollte überprüft werden, wie man mit den Ergebnissen eines entsprechenden Sonderausschusses, der von 2004 bis 2009 im Landtag tagte, im Nachhinein umgegangen ist.

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Dass es im Land Brandenburg zahlreiche Möglichkeiten gibt, Verfahren zu vereinfachen, zeigt unterdessen die Antwort der Landesregierung auf eine „Kleine Anfrage“ des CDU-Landtagsabgeordneten Frank Bommert, der stellvertretendes Mitglied des neuen Ausschusses ist. Wie aus der Antwort des von Katrin Lange (SPD) geleiteten Innenministeriums hervorgeht, waren zum Stichtag 30. September 2024 insgesamt 504 Landesgesetze und 1277 Rechtsverordnungen in Brandenburg in Kraft. In 80 Landesgesetzen und 81 Landesverordnungen sind demnach eine oder mehrere Berichtspflichten enthalten.
„Wenn man sich anguckt, dass die Landesregierung nicht einmal das Datenvolumen quantifizieren kann, das aufgrund dieser Berichte eingeht, bekomme ich Angst, dass wir Papier und Daten erzeugen, die einfach nur im Nirwana verschwinden“, sagte Bommert. „Da hat sich eine Regierung vielleicht mal etwas ausgedacht, die nächste Regierung führt es weiter, aber eigentlich weiß niemand, warum machen wir das gerade.“ Ein Beispiel sind aus seiner Sicht Regelungen zur Tariftreue in Vergabegesetzen. „Bei der großen Zahl von Berufsfeldern und Tarifregelungen wird das niemand effektiv überprüfen können.“
Doch in seiner ersten Sitzung demonstrierte der Ausschuss auch, wie schnell man einfache Dinge auch unnötig kompliziert machen kann: Denn auf Antrag des SPD-Abgeordneten Jörg Vogelsänger wählten die neun Abgeordneten ihren Vorsitzenden in geheimer Wahl. Dafür mussten Stimmzettel gedruckt und eine Wahlurne aufgestellt werden – doch das Ergebnis zeigte, dass die geheime Wahl wohl gar nicht nötig war: Denn der SPD-Abgeordnete Marcel Penquitt erhielt auf Anhieb alle neun möglichen Stimmen.
In anderen Ausschüssen, etwa dem Kulturausschuss, fand die unstrittige Wahl des Vorsitzenden per Handzeichen statt. Noch abstruser wurde es bei der Wahl des stellvertretenden Vorsitzenden, des Uckermärkers Felix Teichner (AfD): Hier tauchte ein zehnter Stimmzettel in der Wahlurne auf – was bei einer offenen Abstimmung ebenfalls nicht möglich gewesen wäre, sodass der erste Wahlgang wiederholt werden musste. Am Ende wurde Teichner mit vier Stimmen bei einer Gegenstimme und vier Enthaltungen gewählt.
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