Brandenburg: BVG gegen gemeinsame Tickets
Verkehrskonzern sieht sich bei Geldverteilung mit der S-Bahn benachteiligt
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Berlin - Hinter den Kulissen schwelt er schon länger, nun droht der Streit zwischen den Verkehrsunternehmen BVG, S-Bahn und Bahn sowie den Ländern Berlin und Brandenburg zu eskalieren. Dabei geht es um die Neuverteilung von Einnahmen für den öffentlichen Nahverkehr – mit der zumindest theoretisch denkbaren Folge, dass die BVG aus dem gemeinsamen Tarifverbund mit S-Bahn und Bahn aussteigt und Kunden künftig U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse nicht mehr mit der gleichen Fahrkarte benutzen können wie S- und Regionalbahnen. Das wird von allen Beteiligten jedoch als taktische Drohgebärde eingeschätzt.
Auslöser des Streits ist, dass der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), dem alle Anbieter des öffentlichen Nahverkehrs in der Region angehören, die Verträge für den Regionalverkehr zum Fahrplanwechsel im Dezember 2012 neu gestaltet. Damit ändert sich die Verteilung der Einnahmen zwischen den Unternehmen. Einem internen BVG-Papier zufolge muss der Berliner U-Bahn-, Tram- und Busbetreiber dadurch künftig auf sechs Millionen Euro jährlich verzichten, die S-Bahn auf drei Millionen. Das Geld kassierten die Länder Berlin und Brandenburg.
Das ist jedoch nur der erste Schritt, wie die BVG vorrechnet: Als Reaktion auf die Neuberechnung im Regionalverkehr hat die S-Bahn ihrerseits den Vertrag gekündigt, der die Einnahmeverteilung innerhalb der in Berlin tätigen Unternehmen BVG, S-Bahn und DB Regio regelte.
Stattdessen will die S-Bahn, so klagt die BVG, auch ihre Berliner Dienstleistungen künftig nach dem für das Umland gültigen neuen Berechnungsprinzip vergütet bekommen. Das gewährt mehr Geld für zurückgelegte Kilometer und weniger pro Fahrgast – was der S-Bahn laut BVG bis zu 25 Millionen Euro mehr in die Kassen spülen würde. Die BVG hingegen, so rechnet das Unternehmen vor, müsste jährlich mit 34 Millionen Euro weniger auskommen – angesichts der bisherigen Zuweisung von 425 Millionen Euro an Fahrgasteinnahmen pro Jahr für das im Landesbesitz befindliche Unternehmen unhaltbar. Nun appelliert die BVG an Berlin und Brandenburg, zum bisherigen Verteilschlüssel zurückzukehren. Ansonsten droht die BVG damit, aus dem bisherigen VBB-Gemeinschaftstarif auszusteigen, wie es in dem internen Papier des Konzerns heißt. Das hieße, dass Nahverkehrskunden im Zweifel für jedes Verkehrsunternehmen ein anderes Ticket benötigen. In dem internen Papier ist von einem drohenden Vertriebskrieg die Rede. Aus Sicht des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg sind die BVG-Szenarien jedoch nur leere Drohungen. „Der bestehende VBB-Tarif im Verbundgebiet ist nicht infrage gestellt“, sagte der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), Hans-Werner Franz. „Natürlich werden unsere Fahrgäste mit einem Ticket auch künftig alle öffentlichen Nahverkehrsmittel in Berlin und Brandenburg nutzen können.“ Das sieht auch der Senat so: Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) zeigte sich zuversichtlich, dass bis Mitte November eine Lösung gefunden wird. Sigrid Kneist, Lars von Törne
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