zum Hauptinhalt

Brandenburg: CCS-Beirat bröckelt weiter

Auch Beeskower Bürgerinitiative steigt aus. Vortrag zu Ketziner Versuchsanlage überzeugt Kritiker nicht

Von Matthias Matern

Stand:

Potsdam - Die Mission war von vornherein zum Scheitern verurteilt: Statt wachsendem Vertrauen in die CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) gab es nur eine weitere Absage. Rund 30 Lokalpolitiker und Vertreter von Bürgerinitiativen aus Neutrebbin (Märkisch-Oderland) und Beeskow (Oder-Spree) hatte Brandenburgs Wirtschaftsministerium am Mittwoch in das Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) auf den Telegrafenberg eingeladen. Dort sollte die Delegation aus den Regionen, in denen der Energiekonzern Vattenfall derzeit mit Landesgenehmigung nach möglichen unterirdischen Kohlendioxid-Endlagern sucht, sich vom Potenzial der umstrittenen Technologie für den „weltweiten Klimaschutz“ berichten lassen. Seit rund sechs Jahren testet das GFZ in Ketzin (Havelland) die Machbarkeit der unterirdischen CO2-Speicherung. Einem Vortrag von Michael Kühn, Leiter des Projektes, sollte ein Besuch der Forschungsanlage folgen.

Doch der überwiegende Teil der Reisegruppe ließ bereits bei Ankunft in der Landeshauptstadt wenig Zweifel an seiner ablehnenden Haltung aufkommen. Noch bevor Kühn das erste Wort gesprochen hatte, nutzte der Vorsitzende der Bürgerinitiative „CO2 Endlager stoppen“ aus Beeskow, Udo Schulze, die Gelegenheit, seinen Austritt aus dem CCS-Beirat des Wirtschaftsministeriums bekannt zu geben. „Wir machen definitiv nicht mehr mit“, sagte Schulze und folgte damit dem Beispiel seiner Mitstreiter aus Neutrebbin. Wie berichtet, hatte bereits vor der ersten Sitzung des Gremiums vorige Woche der Sprecher der Bürgerinitiative „CO2ntra Endlager“, Ulf-Michael Stumpe, die Teilnahme verweigert. Das 18-köpfige Gremium, darunter Kommunalpolitiker aus Beeskow und Neutrebbin, Kirchenvertreter, Vattenfall-Mitarbeiter und das Landesbergamt, wurde auf Wunsch von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) gegründet und soll die Tests Vattenfalls begleiten und die Ergebnisse später bewerten.

Kritiker verspotteten den Beirat bereits als „Akzeptanzbeschaffer“. Dem widersprach Dorothee Stacke, im Wirtschaftsministerium zuständig für die Kommunikation in strittigen Energiefragen: „Es ist nur ein Angebot an die Kommunen. Wir wollen niemanden missionieren, sondern Informationen bereitstellen.“

Davon gab es auf dem Telegrafenberg gestern jedenfalls viel. Eine Stunde lang mühte sich Michael Kühn ab, den Anwesenden die wissenschaftlichen Grundlagen, Umfang und mögliche Risiken des Forschungsprojektes in Ketzin zu erläutern. Immer wieder betonte Kühn, dass er ausschließlich für Ketzin sprechen könne. Mit der Verpressung von Kohlendioxid haben die GFZ-Wissenschaftler vor rund zwei Jahren begonnen. Bislang seien gut 36 000 Tonnen reines CO2 eingelagert worden, so Kühn. „Als Fazit können wir bisher sagen, in Ketzin hat CCS im Forschungsmaßstab funktioniert.“ Zwischenfälle habe es nicht gegeben.

Zu Aussagen über die Sicherheit von CO2-Speichern bei Beeskow und Neutrebbin ließ sich Kühn nicht verleiten. Allerdings verwies er auf generelle Gefahren, etwa durch Risse in den abdeckenden Gesteinsschichten oder durch Bohrungen vergangener Projekte in der Umgebung. Das Austreten einer lebensbedrohlichen Menge Kohlendioxids halte er aber für unwahrscheinlich. Der natürliche CO2-Anteil in der Luft liege bei etwa 0,038 Prozent. Gefährlich werde es ab einem CO2 -Gehalt von mehr als einem Prozent.

Zweifel beseitigen konnte Kühn jedenfalls nicht. „Was in Beeskow und Neutrebbin passieren soll, hat doch eine ganz andere Größenordnung“, meinte etwa Karsten Birkholz, Amtsdirektor des Amtes Barnim-Oderbruch, in dessen Bereich die Gemeinde Neutrebbin liegt. In Ketzin seien seit 2008 rund 36 000 Tonnen verpresst worden, Vattenfall wolle jährlich zwei Millionen Tonnen versenken. Außerdem handele es sich nicht um reines CO2, sondern um sogenanntes Rauchgas, dass mit bis zu fünf Prozent durch verschiedene Giftstoffe verunreinigt sei, so Birkholz. Matthias Matern

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })