zum Hauptinhalt

Brandenburg: CDU: Die Landesregierung hätte handeln müssen

CDU-Rechtsexperte kritisiert, dass Liste mit Tests nicht weitergeleitet wurde. Land: Keine Hinweise auf illegale Methoden

Von Matthias Matern

Stand:

Potsdam - In der Debatte um Medikamententests westlicher Arzneimittelhersteller an DDR-Bürgern gerät die brandenburgische Landesregierung immer stärker unter Druck. Obwohl die Landesregierung bereits seit 1991 davon Kenntnis hatte, dass auch an Krankenhäusern in Brandenburg solche Tests geplant gewesen waren, sei das Land nicht tätig geworden, kritisierte der Rechtsexperte der CDU-Fraktion im brandenburgischen Landtag, Danny Eichelbaum, am Dienstag. „Wenn man so eine Liste hat, muss man auch handeln.“ Dass offenbar nicht einmal die Krankenhäuser informiert wurden, sei besonders schlimm, so Eichelbaum gegenüber den PNN.

Wie berichtet wurden laut einer Liste des damaligen Bundesgesundheitsamtes allein zwischen Anfang 1989 und Oktober 1990 insgesamt zwölf Testreihen mit zwölf verschiedenen Wirkstoffen für sechs Krankenhäuser in Brandenburg von der DDR-Führung genehmigt. Alle Tests waren für Pharmafirmen mit Sitz außerhalb der DDR beantragt. Der Liste zufolge sollen mehr als 300 Patienten geplant gewesen sein. Auf PNN-Nachfrage teilte das brandenburgische Gesundheitsministerium am Dienstag mit, dass insgesamt fünf Tests für das frühere Bezirkskrankenhaus Potsdam, das heutige Ernst-von-Bergmann-Klinikum, vorgesehen waren. Bei den Wirkstoffen, die dort getestet werden sollten, habe es sich um Pantoprazol, Erythropoietin, Amikazin und Azlocillin, Nafarelin und Tandolapril gehandelt. Vier Versuchsreihen seien zudem für die Bezirkskrankenhäuser Cottbus und Frankfurt (Oder) und jeweils eine in den Heilstätten Beelitz, dem Krankenhaus Bad Saarow und dem Krankhaus Neuruppin genehmigt worden. Ob die Versuche tatsächlich begonnen oder abgeschlossen worden seien, gehe nicht aus der Liste hervor, teilte das Ministerium weiter mit. Bekannt geworden war der Inhalt des Schreibens der damaligen Bundesbehörde durch eine Antwort des Ministeriums auf eine Kleine Anfrage der CDU.

Dass die Liste noch nicht an die Nachfolgeeinrichtungen der betroffenen Krankenhäuser weitergeleitet worden sind, begründet das Ministerium damit, dass sich aus dem Schreiben von 1991 „keine Hinweise auf illegale Methoden“ ergeben hätten. In einer Antwort auf eine weitere CDU-Anfrage heißt es, das Schreiben habe keine Hinweise „für ein weiteres Tätigwerden“ gegeben und „Informationen zur Genehmigung von klinischen Prüfungen waren weder damals kabinettrelevant noch sind sie es heute“. Alle Wirkstoffe, die getestet hätten werden sollen, seien heute in Europa zugelassen.

Offen bleibt damit aber weiterhin, ob die Versuche stattgefunden haben und wenn sie stattgefunden haben, ob die Patienten davon wussten und ihr Einverständnis abgegeben hatten. „Es muss dringend geklärt werden, ob und in wie vielen Fällen die Patienten über die Tests nicht informiert worden waren“, forderte Eichelbaum am Dienstag.

Für die Aufklärung der Tests seit den 70er-Jahren sieht Brandenburg weiter den Bund für zuständig. Das Land aber habe ein großes Interesse daran, dass das Thema aufgeklärt werde, so Ministeriumssprecherin Alrun Kaune-Nüßlein. „Insofern ist es richtig, wenn sich die Charité des Themas annimmt.“

Eichelbaum hält die Charité für ungeeignet. Es wäre „der blanke Hohn, wenn mit Professor Hess ausgerechnet die Institution Charité, die bislang komplett versagt hat, als es um die Aufarbeitung der Menschenversuche zu Zeiten der SED-Diktatur ging, zum Zuge käme“, so der CDU-Politiker. Zwingend notwendig sei eine „wirklich unabhängige Kommission“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })