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Brandenburg: Chaos nach Anschlägen auf Bahnstrecken Verdacht: Zusammenhang mit Castor-Transporten

Potsdam - Nach mehreren Anschlägen auf Oberleitungen der Bahn in Brandenburg prüfen die Ermittler nach PNN-Informationen einen Zusammenhang zu bevorstehenden Atommüll-Transporten von Deutschland nach Frankreich. In der Nacht zu Dienstag hatten Unbekannte Hakenkrallen auf die Oberleitungen der Bahnlinien Hamburg-Berlin und Hannover-Berlin geworfen.

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Potsdam - Nach mehreren Anschlägen auf Oberleitungen der Bahn in Brandenburg prüfen die Ermittler nach PNN-Informationen einen Zusammenhang zu bevorstehenden Atommüll-Transporten von Deutschland nach Frankreich. In der Nacht zu Dienstag hatten Unbekannte Hakenkrallen auf die Oberleitungen der Bahnlinien Hamburg-Berlin und Hannover-Berlin geworfen. Bis gestern Vormittag sei es zu Verspätungen und Ausfällen bei mehr als100 Zügen gekommen, teilte die Bahn mit. Insgesamt mussten 24 Züge von und nach Berlin ihre Fahrt abbrechen; 31 wurden umgeleitet. Im Fernverkehr gab es Verspätungen bis zu einer Stunde.

Auf der Strecke nach Hannover war bei Wustermark eine so genannte Hakenkralle in die Oberleitung geworfen worden. Gegen 1 Uhr 30 riss der Nachtzug von Warschau nach Brüssel die Oberleitung ab. Erst nach rund fünf Stunden konnte der Zug nach Angaben eines Bahnsprechers die Fahrt fortsetzen.

Um 2 Uhr 38 blieb dann die Lokomotive eines Güterzuges auf der Strecke nach Hamburg bei Paulinenaue in einer Kralle hängen. Gegen 6 Uhr 30 stieß auf dem Nebengleis auch ein ICE Richtung Hamburg gegen einen Haken in der Oberleitung. Nach zwei Stunden sei der ICE weiter nach Nauen gefahren, wo die Fahrgäste in Busse umsteigen mussten, wie ein Bahnsprecher sagte. Auch im Regionalverkehr fuhren als Ersatz Busse.

Dem Polizeipräsidium Potsdam, das die Ermittlungen von der Bundespolizei übernommen hat, liegt ein Selbstbezichtigungsschreiben vor. Zum Inhalt wollte sich eine Sprecherin wegen der Ermittlungen, die die Staatsschutzabteilung führt, nicht äußern. Nach PNN-Informationen stammt das Schreiben von Gegnern des nächsten bevorstehenden Castor-Transports. Der Atommülltransport soll in etwa zwei Wochen per Bahn aus dem Ruhrgebiet in die französische Wiederaufbereitungsanlage La Hague starten.

Erst Anfang des Monats hatte es ähnliche Anschläge auf Bahn-Oberleitungen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gegeben. Am 2. November war die Bahnstrecke Duisburg-Düsseldorf sabotiert worden. Am 7. November traf es dann zwei weitere Strecken in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.

Der 7. November hat unter Atomkraftgegnern symbolische Bedeutung: Vor einem Jahr hatte sich an diesem Tag in Frankreich ein 22-jähriger Franzose in Lothringen hinter einer Kurve auf den Bahngleisen angekettet, um gegen einen Castortransporter aus La Hague ins deutsche Endlager Gorleben zu demonstrieren. Er war von dem Zug mit den zwölf Atommüllbehältern überrollt worden und an seinen schweren Verletzungen gestorben.

Zumindest zu dem Anschlag auf die Strecke Duisburg-Düsseldorf hatte sich eine autonome Anti-AKW-Gruppe bekannt. Die Gruppe mit dem französischen Namen „c.r.o.c.h.e.t.“ (deutsch: der Haken).

Einen Zusammenhang mit dem Atommülltransport prüft die Polizei auch nach einem Brandanschlag auf ein Bahn-Auto im Berliner Stadtteil Friedrichshain. Das Feuer griff auch auf einen daneben stehenden Privatwagen über.

Im Land Brandenburg war der letzte Hakenkrallen-Anschlag auf eine Bahnoberleitung im Februar bekannt geworden. Damals war die ICE-Strecke Berlin-Leipzig sabotiert worden. Seriöse Informationen darüber, wie viele Anschläge dieser Art jährlich in Brandenburg verübt werden, gibt es nicht: Meist werden diese Anschläge von der Polizei nicht veröffentlicht. Klaus Kurbjuweit, Peter Tiede

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