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Brandenburg: „Da hat sich die Zünslerraupe durchgefressen“

Im Oderbruch wird der Kampf gegen Mais-Schädlinge erfolgreich erprobt

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Im Oderbruch wird der Kampf gegen Mais-Schädlinge erfolgreich erprobt Von Gerald Mackenthun Bad Freienwalde. Mit einem kräftigen Griff dreht Wolfgang Voegler einen Maiskolben vom Stängel und mit einem ebenso kräftigen Schnitt seines Taschenmessers schneidet er den harten Kolben durch. In der Mitte ist ein Loch. „Da hat sich die Maiszünslerraupe durchgefressen“, sagt Voegler, Leiter der Produktentwicklung beim Saatguthersteller Monsanto. Die Raupe hat den gesamten Kolben von oben nach unten durchquert, der bereits anfängt zu schimmeln. Südlich von Bad Freienwalde im Oderbruch, 20 Kilometer von der Oder und der polnischen Grenze entfernt, beobachtet Monsanto auf einem kleinen Feld die Wirkung verschiedener Methoden der Maiszünslerbekämpfung. Mitte September ist der Mais fast ausgereift, in wenigen Tagen soll Ernte sein. Der nunmehr vierte Versuch auf einem Feld der TIBO Landwirtschafts-GmbH, einem LPG-Nachfolgebetrieb, bringt den Beteiligten keine neuen Erkenntnisse mehr. Wird ein Maisfeld nicht vor dem Maiszünsler geschützt, sind 55 bis 80 Prozent der Pflanzen geschädigt. Ernteausfälle sind programmiert und es droht eine Belastung mit Schimmelpilzgiften. Nur begrenzt wirksam ist die Bekämpfung der Maiszünslerlarven mit der Schlupfwespe Trichogramma, die ihre Eier in die Larven legt und sie damit tötet. Mehr als die Hälfte der Maiszünsler überleben. Das Bestäuben der Pflanzen mit einem Insektizid ist die zweitbeste Variante; 85 Prozent der Zünslerpopulation wird getötet. Mit 97 Prozent Erfolgsrate gibt es aber noch was besseres: „Die Bt-Variante ist die optimale“, sagt TIBO-Geschäftsführer Siegfried Manthey. Monsanto hat in seinen Bt-Mais das Gen eines Bodenbakteriums eingeschleust. Dieses Gen produziert in der Maispflanze ein Eiweißkristall, das den Magen der gefräßigen Maiszünslerlarve lahm legt. Insektizideinsatz entfällt. „Vorbehalte der Grünen haben bislang verhindert, dass diese einfache und sichere Methode in Deutschland breit angewandt wird“, sagt Voegler. Auch Manthey möchte am liebsten nächstes Jahr statt der zwei Hektar Versuchsfeld dann gleich 50 Hektar Bt-Mais regulär anbauen, doch das EU-weite Anbaumoratorium von 1998 verhindert das. Sorgen bereitet ihm, dass die Zulassung des einzigen gegen Maiszünsler zugelassene Insektizid Ende 2003 ausläuft. Die Trichogramma-Variante ist nicht nur wenig effektiv, sondern auch aufwendig; jede Woche muss der Bauer aufs Feld und nachsehen, wann der Zünsler seine Eier gelegt hat. 120 000 Hektar werden im Oderbruch landwirtschaftlich genutzt, davon 13 000 Hektar für Futter- und Körnermais. TIBO baut auf 400 Hektar Mais an, wovon das meiste an die Rinder, Milchkühe und Enten des Betriebs verfüttert wird. Den Bt-Mais des Zwei-Hektar-Feldes muss Manthey im eigenen Betrieb verbrauchen; ein Verkauf nach außen ist gesetzlich untersagt. Manthey war und ist der einzige Landwirt weit und breit, der den genveränderten Mais ausprobiert. Selbst wenn es weitere Interessenten gäbe, Monsanto darf nur ein kleines Kontingent an Bt- Saatgut verkaufen – bundesweit zusammen 300 Hektar. „Überhaupt können wir froh sei, dass so genannte Umweltschützer noch nicht das abseits gelegene Oderbruch-Versuchsfeld entdeckt und plattgemacht haben“, wie Norbert Mülleder sagt, bei Monsanto zuständig für Feldversuche. Der Maiszünsler frisst sich seit Jahren langsam von Süden nach Norden durch die Bundesrepublik. 400 000 der 1,5 Millionen Hektar Maisanbaufläche in Deutschland sind befallen. Der Ernteausfall beträgt fünf Prozent oder 40 000 Tonnen mit einem Wert von 4,4 Millionen Euro. Fachleute wie Voegler, Manthey und Mülleder sind resigniert, dass ausgerechnet eine grüne Landwirtschaftsministerin die Bt-Methode mit ihrer Senkung des Pestizidverbrauchs und der Minderung von Pilztoxin in Lebensmitteln torpediert.

Gerald Mackenthun

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