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Brandenburg: „Danke, echt knorke“: Papierkörbe sprechen mit Touristen

Weil die Berliner bekanntlich nicht auf den Mund gefallen sind, sollen ihre Abfallkörbe auch nicht länger schweigen

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Weil die Berliner bekanntlich nicht auf den Mund gefallen sind, sollen ihre Abfallkörbe auch nicht länger schweigen Von Ulrike von Leszczynski Berlin. „Danke, echt knorke“ oder „Verdammt, befüll mich“, so direkt wenden sich seit neuestem 20 sprechende Mülleimer an die Berliner und Touristen. Damit bekommen die für eher raue Umgangformen bekannten Hauptstädter nun eine ungewöhnliche Lektion in Sachen Höflichkeit. Mit dieser bundesweit einzigartigen Aktion will die Berliner Stadtreinigung (BSR) das Image der Hauptstadt kräftig aufpolieren. Weil die Berliner bekanntlich nicht auf den Mund gefallen sind, sollen ihre Abfallkörbe auch nicht länger schweigen. 20 der rund 20.000 BSR-Papierkörbe in ganz Berlin bedanken sich in diesem Sommer in leicht blechernem Tonfall bei ihren „Kunden“. Mit Solarenergie gespeist, spulen fünf verschiedene Mülleimer-Typen mit Namen „Kalle Kiez“, „Susi Schlau“ oder „Hitlist Harry“ ihre Sprachprogramme ab. Die Freunde deutschen Liedguts dürfen sich bei „Hitlist Harry“ auf ein gesungenes „Verdammt, befüll mich“ freuen, sauber intoniert nach einer Melodie des Sängers Matthias Reim. Andere Abfallkörbe begrüßen Touristen höflich mit „Willkommen“ auf englisch, französisch oder japanisch. Und Bundesliga-Fans können ein gebrülltes „Tor“ oder „Volltreffer“ hören - eine wahre Dankes-Kaskade für den Mülleinwurf. Zugegeben, es war eine kleine Revolution, als vor einigen Jahren auf Berliner S- und U-Bahnhöfen das Wort „bitte“ eingeführt wurde. Denn selbst wenn das Personal nun bei der Zugabfahrt weiterhin „Zurückbleiben“ in das Mikrofon raunzte oder bellte, nahm das verordnete „bitte“ die Schärfe aus dem Ton. Die Dankeschön-Offensive der Papierkörbe lässt sich also durchaus als Fortsetzung der Berliner Benimm-Schule verstehen. Es ist nicht der erste Versuch der Stadtreinigung, die Berliner zu mehr Sauberkeit und Höflichkeit zu ermuntern. Weil Verbote beim abgebrühten Hauptstädter ohnehin nutzlos verhallen, versucht es das Unternehmen seit 1999 mit humorvollen Appellen. Plakate wie „Go to where the Eimer is“ oder „Wir geben ihrer Kippe ein Zuhause“ zieren das Stadtbild. Speziell für Hundebesitzer gibt es auch das Vierbeiner-Motiv „Dirty Harry“. Die 1,5 Millionen Euro teure Kampagne habe Erfolg, sagt BSR-Sprecher Bernd Müller. Bei Umfragen hätten 85 Prozent der befragten Berliner „sensibilisiert“ gefühlt. Jürgen Richlitzki, Leiter der Straßenreinigung, hofft auf weitere Entlastung für seine 2000 Mitarbeiter, die morgens um 5.00 Uhr unter der Parole „We kehr for you“ zum Dienst antreten. 7000 Tonnen Müll leeren sie jedes Jahr aus den Papierkörben. Vielleicht wird es den Hauptstädtern gefallen, künftig von einem Mülleimer „Ey, echt dufte Leistung, Kumpel“ zu hören. Ob sich auch japanische Touristen freuen, wenn sie in der deutschen Hauptstadt wenigstens von den Mülleimern mit „Willkommen“ begrüßt werden?

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