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Brandenburg: Das feuerrote Amtsmobil

In Brandenburgs Randregionen wohnen immer weniger Menschen in immer größeren Verwaltungsbereichen. Das schafft Probleme. So auch in Wittstock: Die Stadt ist größer als München, hat aber nur 15 000 Einwohner. Und deshalb nun ein rollendes Rathaus

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Wittstock/Dosse – Der Kleinbus sieht äußerlich noch immer wie ein Rettungsfahrzeug der Feuerwehr aus. Doch sein Inneres birgt eine moderne Büroausstattung mit Computer, Aktenschränken voller Formularen, Gesetzesblättern und Ratgebern. Zusätzlich weisen eine große Antenne und die Aufschrift „Stadt Wittstock“ auf die neue Bestimmung des Fahrzeuges hin. Es handelt sich um den „Mobilen Bürgerservice“, der rund um Wittstock den Menschen buchstäblich viele Wege abnimmt. Denn das Büro auf vier Rädern rollt etwa einmal im Monat in alle 18 Ortsteile und sieben Gemeindeteile der Stadt Wittstock im Norden Brandenburgs. Und genauso oft findet die Bürgersprechstunde gleich auf der Straße statt. Die Termine werden vorher im Schaukasten und im Internet veröffentlich.

Der Service hat einen ernsten Hintergrund: „Wir reagieren mit diesem Angebot natürlich auf die demografische Entwicklung“, sagt Ordnungsamtsleiter Helmut Schönberg. „Viele Bürger werden älter und leben oft getrennt von ihren Kindern und Verwandten.“ Ihnen falle die Fahrt zum Rathaus oft schwer, zumal der öffentliche Bus immer seltener verkehre. Der mobile Bürgerservice sei deshalb buchstäblich eine Dienstleistung für die Bewohner im flächenmäßig riesigen „Stadtgebiet“.

Durch Verwaltungsreformen wurde Wittstock zu einer der flächenmäßig größten Städte Deutschlands. Mit 417 Quadratkilometern ist sie fast halb so groß wie Berlin (892 Quadratkilometer) und übertrifft sogar Köln, Dresden, München oder Dortmund. Allerdings steht die Einwohnerzahl in keinem Verhältnis zur überdimensionalen Fläche. Die ursprüngliche Stadt Wittstock zählt nur 9950 Bewohner, die dazugehörigen Dörfer ringsum kommen nur auf etwas mehr als 5100 Namen. Die Tendenz zeigt seit Jahren nach unten.

Die große Ausdehnung führt zu weiten Wegen zwischen den einzelnen Ortsteilen und der Kernstadt mit den entsprechenden Verwaltungsstellen. So liegen zwischen Wittstock und dem nur 117 Einwohner zählenden Zempow 25 Kilometer – in etwa die Entfernung wie vom Platz der Einheit in Potsdam via Wansee zum Flughafen Tegel. Das „rollende Rathaus“ wird deshalb von den Wittstockern gut angenommen. „Wir können hier die wichtigsten Angelegenheiten gleich im Bus erledigen“, sagt Sachbearbeiterin Peggy Samusch. „Dazu gehören Änderungen in den Personalausweisen und Reisepässen, die Anmeldung bei Umzügen, das Beantragen von Fahrerlaubnissen und Führungszeugnissen.“ Ihr Kollege kümmert sich derweil um alle Fragen rund um Sicherheit und Ordnung. Können Fragen nicht sofort im Bus geklärt werden, kümmern sich die Mitarbeiter später in ihrem festen Büro darum.

Im Osten Brandenburgs gibt es einen ähnlichen Service. Dort verkehrt ab 11. Dezember ein Patientenbus, der auf Rundkursen Dörfer und Arztpraxen ansteuert. Das von dem Landkreis Märkisch-Oderland, den Krankenkassen, der Gemeinde Müncheberg, dem Amt Märkische Schweiz sowie der Kassenärztlichen Vereinigung getragene Projekt soll nicht nur Einwohnern nützen. Auch die Praxen selbst sollen dadurch besser ausgelastet werden. Das wiederum könnte den ländlichen Raum für jüngere Ärzte attraktiver machen. Der Patientenbus verkehrt nach einem festen Fahrplan, steuert auf den Dörfern die normalen Bushaltestellen an und kostet den Nahverkehrstarif.Claus-Dieter Steyer

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