Brandenburg: Das große Bahn-Chaos blieb aus
Trotz des Lokomotivführer-Streiks rollten am Freitag in der Region viele S- und Regionalbahnzüge
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Potsdam/Berlin - Im Land Brandenburg fuhr wegen des Bahnstreiks am Freitag nach Angaben der Deutschen Bahn nur die Hälfte aller Regionalzüge. Allerdings hatten sich die meisten Reisenden frühzeitig vorbereitet. Sie nutzten entweder das eigene Auto oder schlossen sich zu Fahrgemeinschaften zusammen. Allerdings zeigte gerade der Streiktag den völlig unzureichenden Informationsservice der Bahn für die Fahrgäste auf vielen kleineren Bahnhöfen. Anzeigen oder gar Lautsprecherdurchsagen über Störungen fehlten auf den meisten Stationen. So standen in Perleberg, immerhin Kreisstadt des Landkreises Prignitz, viele Menschen am Vormittag ratlos auf dem Bahnsteig. Am Fenster der Bahnbediensteten hing ein nur ein zweisprachiger Zettel: „Keine Auskunft, No Information“. Der Mann am Signalpult ließ sich dennoch zu einer kleinen Meinungsäußerung hinreißen: „Zu 99 Prozent fällt der Zug um 10.59 Uhr nach Pritzwalk aus“, sagte er kurz und verschwand.
In Berlin hatte der Streik der Lokführer Freitag ganz unterschiedliche Folgen gezeigt: Im frühmorgendlichen Berufsverkehr vor dem Streikbeginn kam es bei der S-Bahn zu Gedränge und teils chaotischen Szenen – doch schon während des Streiks zwischen 8 und 11 Uhr gab es nur noch wenige Einschränkungen. „Wir haben das ganze Netz befahren und kurz nach 11 Uhr das Grundprogramm wieder aufgenommen“, sagte ein S-Bahnsprecher später. Den rund 40 streikenden Lokführern sei es „nicht gelungen, den Verkehr lahm zu legen“.
Böse überrascht wurden vor allem jene, die schon vor Streikbeginn um 8 Uhr am Ziel sein wollten: Weil die Bahn schon seit Betriebsbeginn um 4 Uhr ihren Notfahrplan aktiviert hatte, gab es im Berufsverkehr Gedränge und teilweise Chaos: In Neukölln standen sichtlich frustrierte Auskunftsleute zwischen den Menschenmassen, die auf anderen Bahnhöfen unterschiedliche Infos gehört hatten, wie es denn nun zum Süd- und Ostkreuz gehen sollte. Die Ringbahnen schafften zwar nicht den von der S-Bahn versprochenenen Zehnminutentakt, aber mindestens jede Viertelstunde kam ein Zug. Bis um 9 Uhr war das Schlimmste überstanden, der Notfahrplan eingespielt, die Ansagen überwiegend korrekt. Selbst am zuvor völlig verstopften Ostkreuz wurden nun die Züge und Umsteige-Empfehlungen korrekt angekündigt. Wer einmal in der richtigen Bahn saß, kam sogar recht komfortabel voran, weil die Züge deutlich leerer waren als sonst. Manche hatten wohl auf die Durchsagen des Konkurrenten BVG gehört, die vor „bis 22 Uhr beeinträchtigtem S-Bahnverkehr“ warnten und U-Bahn, Tram und Bus als Alternativen empfahlen.
Im Berliner Hauptbahnhof war in den frühen Morgenstunden mehr Betrieb als üblich – vor allem wollten dort viele Fahrgäste noch vor Streikbeginn in die S-Bahnen steigen. Kurz nach 9 Uhr ging es dagegen ruhig zu. Vor allem in Fahrtrichtung Friedrichstraße waren die S-Bahnzüge verschiedener Linien deutlich leerer als üblich, nur in Richtung Charlottenburg wurde es manchmal eng. „Zugverkehr unregelmäßig“ und „Ansagen beachten“, stand auf den Informationstafeln über den Bahnsteigen; wann der nächste Zug hält, war oft nicht ersichtlich – weil es keine exakten Takteiten gab. „Wir fahren taktlos“, scherzte ein Bahnmitarbeiter. Allerdings musste fast niemand länger als 20 Minuten warten.
Völlig stillgelegt war zeitweilig der Regionalverkehr im Hauptbahnhof. Mindestens 90 Minuten lang stand auf den Info-Tafeln lapidar: „Fällt aus.“
Um 10.59 Uhr erhält der einfahrende Regionalzug 38167 nach Cottbus Applaus von den Wartenden im Bahnhof Zoo. Der Zug ist überpünktlich und einer der wenigen, die wirklich ankommen. Die Fahrgäste auf dem Bahnsteig sind glücklich. Auf dem S-Bahnsteig gegenüber sagte ein Abfertiger zu den Bahnkunden, die sich über einfahrende S-Bahnzüge wundern: „Nichts ist normal hier. Auf den Zug nach Spandau müssen Sie 50 Minuten warten.“CD/C.v.L./obs/Ste.
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