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Brandenburg: Das Kajak vor dem Kadi

Im Maskenmann-Prozess sagen Zeugen aus – und im Gerichtssaal wird ein Boot begutachtet

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Der 63-Jährige ahnte nichts Böses. Er führte seinen Hund spazieren, wie üblich, und im Wald bei Bad Saarow war es normalerweise still. Jedenfalls um 22.30 Uhr. Doch diesmal brannte sich ein „Schockerlebnis“ in sein Gedächtnis ein. Davon erzählte der Zeuge am Donnerstag im sogenannten Maskenmann-Prozess vor dem Landgericht Frankfurt (Oder).

Den Schock hatte ein Unbekannter ausgelöst, der plötzlich aus einem Waldweg aufgetaucht war. Am Abend des 22. August 2011. Genau an jenem Tag, an dem nur zwei Kilometer entfernt der sogenannte Maskenmann erstmals die Unternehmerfamilie P. überfallen haben soll.

Ob der Angeklagte K. der maskierte Täter gewesen war, ob er auch einen zweiten Überfall auf die Unternehmerfamilie in Bad Saarow verübt hatte und ein Jahr später in Storkow einen Millionär entführt hatte, ist die große Frage. Der 63-Jährige konnte zur Antwort nichts Konkretes beisteuern. Er hatte den Unbekannten nur kurz gesehen. Der tauchte aus Richtung Scharmützelsee auf, zog sich ruckartig mit der linken Hand eine Kapuze übers Gesicht und ging dann – „schnellen Schrittes“, so der 63-Jährige – über die Straße in einen anderen Waldweg. Dort packte er nach 20 Metern ein Paddel, das dort im Gebüsch gelegen hatte, und verschwand in der Dunkelheit. Das Gesicht konnte der Zeuge nicht erkennen. „Es war klar, dass er nicht erkannt werden wollte.“ Nur die Kleidung konnte er registrieren. Eine schwarze Jacke mit Kapuze, und eine Hose in Tarnfarben oder dunkel kariert.

Der Unbekannte war ungefähr 1,80 Meter groß. Der Zeuge hatte den Eindruck, er sei durchtrainiert. Und nein, irgendwelche Auffälligkeiten bei den Bewegungen habe er nicht erkannt. Der Angeklagte K. hatte mal erklärt, er habe Schmerzen, wenn er eine bestimmte Art von Ausfallschritten mache und könne danach eine gewisse Zeit nicht richtig gehen.

In der Dunkelheit hatte der 63-Jährige den Unbekannten damals schnell aus den Augen verloren, aber dafür hörte er kurz darauf Lärm. Dutzende Vögel waren aufgeschreckt und flüchteten mit lautem Kreischen. Und genau dort, wo der Lärm herrschte, lag ein Gewässer. Für den Zeugen lag nahe, dass der Unbekannte die Vögel aufgeschreckt hatte. Für den Vorsitzenden Richter nicht unbedingt. Der erklärte lakonisch: „Es konnte natürlich auch ein Wildschwein gewesen sein.“

Allerdings meldete sich der 63-Jährige erst ein Jahr später bei der Polizei. Über Medien hatte er von der Entführung von Storkow erfahren, von jener Entführung, bei der das Opfer nach eigener Schilderung an einem Kajak hängend über den Storkower See zu einer Insel geschleppt worden war. Kajak, Storkower See, Paddel, der Unbekannte vom Wald, das ergab für den Zeugen einen Zusammenhang.

Mitten im Gerichtsaal lag am Donnerstag auch ein Kajak. Die spannende Frage lautete: Ist es jenes Boot, an dem sich der Millionär aus Storkow seiner Schilderung nach festgeklammert hatte? Im Zeugenstand war ein 47-jähriger Unternehmer, der in der Gegend von Storkow und Bad Saarow Kajaks vermietet. Ihm war ein Kajak abhanden gekommen, bemerkt hatte er es allerdings erst, als die Polizei ihn nach seinem Bestand gefragt hatte. Und, lag das vor wenigen Jahren verschwundene Kajak jetzt vor ihm? Der Bootsbesitzer überlegte lange, untersuchte alle Merkmale und verkündete dann: „Ich bin zu 99 Prozent sicher, dass es eines von meinen Booten ist.“

Weniger konkret konnte er eine andere Frage beantworten. Kann man solch ein Kajak überhaupt steuern, wenn ein rund 100 Kilogramm schwerer Mann sich daran klammert? Oder kippt es dann um? Die Verteidigung wollte das wissen, aber viel schlauer wurde sie nicht. „Die Steuerung ist natürlich schwierig“, sagte der Zeuge. Mehr Analyse lehnte er ab.

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