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Wahlhelfer. Während Brandenburgs SPD für die Landtagswahl nun komplett auf Landeschef Platzeck setzt, um sich noch gegen die Linke zu behaupten, tourt für ihren Kanzlerkandidaten ein prominenter Wahltrommler durchs Land: Schriftsteller und Nobelpreisträger Günter Grass liest für die SPD, so wie hier am Mittwochabend in Eberswalde.

© dpa

Von Thorsten Metzner: „Das Rennen ist offen“: Erfolg der Linken bereitet Platzeck Sorgen

Nach der jüngsten Umfrage drehen alle Parteien noch einmal auf: Regierungschef wirbt offensiv mit seiner Popularität: „Wer will, dass ich Ministerpräsident bleibe, muss SPD wählen.“

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Potsdam - Er galt schon als sicherer Sieger: Doch knapp drei Wochen vor der Landtagswahl in Brandenburg sieht jetzt Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) selbst das Rennen als „völlig offen“ an. Mit einem ungewohnt eindringlichen Appell in eigener Sache reagierte Platzeck am Donnerstag in seinem Internet-Newsletter auf das jüngste Politbarometer: Danach rückt, wie berichtet, die Linke nach den Erfolgen in Thüringen und Sachsen nun auch in Brandenburg mit 28 Prozent in direkte Nähe der SPD, die auf 31 Prozent der Stimmen käme. Die von Wissenschaftsministerin Johanna Wanka geführte CDU stagniert bei 22 Prozent, die Liberalen wären mit 8 Prozent im Landtag, die Grünen mit 4 Prozent nicht. „Auch Sie entscheiden darüber, ob ich Ihr Ministerpräsident bleiben kann“, schreibt Platzeck, der eigentlich nie auf Umfragen reagiert, nun: Das Politbarometer mache deutlich, dass noch nichts entschieden sei. „Wer möchte, dass ich Ministerpräsident bleibe, der muss mit seiner Zweitstimme SPD wählen.“

Und tatsächlich wollen ungeachtet des Kopf-an-Kopf-Rennens von SPD und Linke laut der Infratest-Umfrage 74 Prozent der Brandenburger Platzeck weiter als Ministerpräsident. Für Wanka plädieren nur 9, für die Linke-Spitzenfrau Kerstin Kaiser nur 6 Prozent. Zudem sind beide Konkurrentinnen vielen Märkern unbekannt, Wanka kennt, wie berichtet, nur jeder Zweite, Kaiser gar nur jeder Dritte. Beide haben bisher einen unaufälligen Wahlkampf geführt.

In der Union, die unter Wanka frühere Grabenkämpfe beigelegt hat, ist man ernüchtert über die 22 Prozent - die allerdings 3 Prozentpunkte über dem desaströsen Wahlergebnis von 19 Prozent im Jahr 2004 liegen. „Wir müssen noch zulegen“, sagte etwa Vizeparteichefin Barbara Richstein. Andererseits sieht man hinter vorgehaltener Hand einen positiven Nebeneffekt der aktuellen Situation: Je stärker die Linke, desto geringer die Wahrscheinlichkeit von Rot-Rot. Davon will Linke-Chef Thomas Nord nichts wissen. „Nur eine starke Linke kann eine sozialere Politik durchsetzen. Wir wollen auf Augenhöhe mit der SPD kommen. Das ist kein Hinderungsgrund für Rot-Rot“. Die Linke liege mit ihren sozialen Themen richtig. Die Brandenburger wollen mehr soziale Gerechtigkeit, sagte Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser. Trotzdem will die Linke jetzt auch nicht den Anspruch anmelden, stärkste Partei zu werden.

Auch beim Vertrauen der Brandenburger in die Kompetenz der Parteien gibt es Bewegung. Die Linken haben bei „Soziale Gerechtigkeit“ die SPD übertrumpft. Die SPD wiederum liegt vorn bei „Bildung“, „wichtigste Probleme des Landes lösen“ und „Arbeitsplätze sichern und schaffen“. Die Union liegt nur in einem Feld vorn: „Der CDU trauen die Brandenburger am ehesten zu, die Wirtschaft voranzubringen“. Allerdings hat Wanka bislang keine Aussage gemacht, ob Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) bei einer Neuauflage von Rot-Schwarz vielleicht doch im Amt bliebe.

Bei den „Kleinen“ sieht sich nach der Umfrage insbesondere die FDP bestätigt. Die FDP könne eine ernstzunehmende Alternative zu Rot-Rot sein, erklärte Spitzenkandidat Hans-Peter Goetz. Für die Grünen, die sich ebenfalls erstmals seit 1994 Chancen auf den Wiedereinzug in den Landtag ausrechnen, ist die Momentaufnahme „kein Grund zur Besorgnis“, wie Landeschef Axel Vogel sagte. „Bündnisgrüne Wähler entscheiden sich erfahrungsgemäß erst spät.“

Von der oft beschworenen Politikverdrossenheit ist wenig zu spüren. 14 Prozent der Brandenburger interessieren sich „sehr stark“ und weitere 49 Prozent „stark“ für die Brandenburg-Wahl, bei der wegen der zeitgleichen Bundestagswahl eine Rekordwahlbeteiligung erwarten wird. Wie diese sich auswirkt, bleibt eine große Unbekannte bis zum Abend des 27. September.

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