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Brandenburg: Das Tatort-Orakel

Das Programm „Precobs“ zur Vorhersage von Einbrüchen begeistert Polizei, Verwaltung und Parteien

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Berlin - Es sind 12 159 Fälle, die Polizei und Innensenat in Berlin in Zugzwang bringt. 12 159-mal wurde im Jahr 2014 in Berliner Wohnungen eingebrochen oder versucht einzubrechen. Erneut war die Zahl gestiegen, die Aufklärungsquote dagegen ist auf 6,6 Prozent gesunken – der zweitniedrigste Wert in zehn Jahren.

Helfen soll wie berichtet nun der Computer, besser gesagt ein Programm: „Precobs“, das in einigen Bundesländern schon getestet wurde oder getestet wird. „Precobs“ erstellt Prognosen, wann und wo in naher Zukunft mit Wohnungseinbrüchen zu rechnen ist. Auf Antrag der Piratenpartei informierten Polizeipräsident Klaus Kandt und Innensenator Frank Henkel (CDU) am Montag über den Stand der Dinge. „Wir wollen Berlin sicherer machen“, sagte Henkel. Der Senator hatte sich kürzlich beim Hersteller der Software „Precobs“ über die Einsatzmöglichkeiten informiert. Henkel betonte, dass es auch andere Anbieter derartiger Vorhersagesoftware gibt, etwa IBM und Microsoft. „Ich bin bereit, neue Wege auszuprobieren“, sagte Henkel. Beschlossen sei noch nichts, die Polizeiführung solle sich zunächst einen Überblick verschaffen.

Dabei sehe man sich auch die Erfahrungen anderer Länder an. München testet das Programm seit Oktober. „Die Erfahrungen bei der bisherigen Erprobung sind vielversprechend“, teilte das Münchener Präsidium Ende März mit. Das System habe über 100-mal automatisch Hinweise gegeben: Jetzt könnte da und dort etwas passieren. Die Polizei zog los, 19 Personen fielen auf und konnten festgenommen werden, darunter waren drei Einbrecher in Wohnungen und sieben in Büros.

Derartige Programme sind als „Predictive Policing“, also vorausschauende Polizeiarbeit, bekannt. Letztlich sammelt die Polizei schon jetzt Infos über Taten, gerne werden bunte Fähnchen in Stadtpläne gesteckt. Ein Computerprogramm könnte diese Erfahrungsdaten erstmals erfolgreich den Polizisten auf der Straße zur Verfügung stellen. Es geht um Tatort, genaue Tatzeit, Art der Beute und den „modus operandi“, also das Vorgehen der Täter, das sich oft auf ähnliche Weise wiederhole. „Da gibt es eine gewisse Treffergenauigkeit“, sagte Henkel. Neue Daten sollen nicht erhoben werden, versicherte Klaus Kandt.   Diese Sorge hatten die Piraten geäußert. Der Polizeipräsident betonte, dass der Datenschutzbeauftragte in Bayern keine Einwände habe.

Oliver Knecht, IT-Experte des Landeskriminalamts, schilderte den Abgeordneten ein Beispiel so: Im kalifornischen Los Angeles habe die Polizei von allen Jugendgangs deren Gründungsdaten in den Computer eingegeben. Denn es hatte sich gezeigt, dass die Gruppen an ihren Jahrestagen oft besonders gewalttätig sind. So konnte die Polizei der kalifornischen Metropole an den Jahrestagen der Gangs die Polizeistärke in den einzelnen Revieren erhöhen. „Das ist alles“, sagte Knecht.

In Berlin seien derartige Programme aber zunächst nur im Bereich Einbruch und Kfz-Diebstahl vorstellbar, denkbar seien auch Häusliche Gewalt, Raub und Jugendgruppengewalt. Kandt betonte, dass die Kosten für die Programme relativ hoch seien, dies sei eine Hürde. Die Rede war von etwa 500 000 Euro. Berlin und Brandenburg prüfen eine gemeinsame Einführung, hieß es. Jörn Hasselmann

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