Brandenburg: Datenschutz mit Defiziten
Hartge warnt vor Ausweitung der Videoüberwachung / Petke spricht sich dafür aus
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Potsdam - Die brandenburgische Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge hat vor der Ausweitung der Videoüberwachung auf öffentlichen Straßen und Plätzen gewarnt. Vor dem Einsatz weiterer Kameras müsse genau geprüft werden, ob es in der Mark überhaupt Kriminalitätsschwerpunkte gebe, sagte sie gestern in Potsdam bei der Vorstellung des Datenschutzberichtes 2004/2005.
Nur an solchen Orten sei der Einsatz der teuren Technik nachvollziehbar. Dieser wäre bei Kleinkriminalität wie Fahrraddiebstahl kaum gerechtfertigt. Außerdem sollte die Dauer der Speicherung von Videoaufzeichnungen so kurz wie möglich sein und deutlich unter 48 Stunden liegen, sagte Hartge. Anschließend müsse die Löschung der Aufnahmen erfolgen. Die Videoüberwachung soll nach dem Abschluss eines fünfjährigen Modellversuches an vier Standorten noch in diesem Jahr gesetzlich festgeschrieben und möglicherweise ausgeweitet werden.
Hartge hatte zuvor ihren ersten Datenschutzbericht an Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) übergeben. In der über 160 Seiten umfassenden Broschüre sind zahlreiche Verstöße gegen den Datenschutz aufgelistet. Die Berliner Juristin trat ihr Amt im vergangenen Jahr an.
Bei der Einführung der Arbeitsmarktreform Hartz IV im Januar 2005 sei gleich mehrfach gegen den Datenschutz verstoßen worden, sagte Hartge. Besonders die fehlerhaften Vordrucke für den Antrag auf Leistungen hätten massive datenschutzrechtliche Mängeln gehabt. Durch fehlende Erklärungen auf den Fragebögen seien von den Betroffenen vielfach die Daten anderer Personen preisgegeben worden. So hätten die Behörden beispielsweise die Kontonummern des Wohnungsvermieters oder Angaben zu anderen Mitgliedern von Bedarfsgemeinschaften der Empfänger von Arbeitslosengeld II abgefragt. Ebenso sei die Angabe der privaten Telefonnummern obligatorisch vorgeschrieben worden. Das aber dürfe nur auf freiwilliger Basis geschehen, sagte Hartge. Inzwischen seien die Fragebögen überarbeitet und würden demnächst in korrigierter Form herausgegeben.
Bei ihrer in Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark) angesiedelten Behörde gingen täglich bis zu fünf Eingaben von Bürgern ein. Für dieses Frühjahr kündigte Hartge Bürgersprechstunden in den Regionen Brandenburgs an. Beginnen werde sie damit in der Uckermark. Außerdem wolle sie sich um einen Umzug ihrer Behörde von Kleinmachnow nach Potsdam bemühen.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Sven Petke, zeigte sich über Hartges Äußerungen zur Videoüberwachung „überrascht und verwundert“. Ungeachtet ihrer Bedenken werde die CDU am Fahrplan zur Änderung des Polizeigesetzes festhalten, um dort noch in diesem Jahr die Videoüberwachung festzuschreiben, hieß es in einer Stellungnahme.
Seit 2001 läuft an vier Standorten in Brandenburg ein Modellversuch, den das Innenministerium als Erfolg wertet. „Die Videoüberwachung findet eine enorm hohe Akzeptanz in der Bevölkerung“, stellte Petke fest. „Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden.“ dpa
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