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Nach Boykott-Vorwürfen: Debatte über Verhalten des KaDeWe geht weiter

Einstmals in jüdischem Besitz, unter den Nazis „arisiert“, hat das Berliner Nobelkaufhaus KaDeWe am Wochenende einen Shitstorm in den Sozialen Medien erlebt: Dafür gesorgt hatte Kritik von Israels Ministerpräsident Netanjahu.

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Berlin - Auch nach der Ankündigung des KaDeWe zur Wiederaufnahme israelischer Weine in das Sortiment dauern die Diskussionen über die Entscheidung des Berliner Nobelkaufhauses an. „Wir sind froh, dass das KaDeWe seinen Fehler verstanden und korrigiert hat“, sagte eine Sprecherin der Israelischen Botschaft am Montag in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Einzelhandelverband forderte die Politik indes zu Klarstellungen auf, wie die EU-Vorgaben zur Kennzeichnung von Produkten aus jüdischen Siedlungen in besetzten Gebieten umzusetzen sind. Betroffen reagierte die Deutsch-Israelische Gesellschaft, nachdem bereits am Wochenende verschiedene Politiker das Vorgehen des KaDeWe kritisiert hatten.

Netanjahu verweist auf unrühmliche Geschichte des KaDeWe

Das Nobelkaufhaus im Berliner Westen musste am Wochenende vor allem in den Sozialen Medien heftige Prügel einstecken. Am Freitag war bekanntgeworden, dass das Kaufhaus acht israelische Weine aus dem Sortiment genommen hatte. Die Herkunftsbezeichnung sei nicht korrekt gewesen. Am Sonntag erfolgte die Kehrtwende: Das KaDeWe entschuldigte sich auf seiner Facebook-Seite. Die betroffenen Weine gibt es jetzt wieder zu kaufen.

Vor nicht einmal zwei Wochen hatte die EU-Kommission klargestellt, dass Produkte aus Gebieten, die seit 1967 von Israel besetzt sind, besonders gekennzeichnet werden müssen: Neben „Made in Israel“ soll künftig der Begriff „israelische Siedlung“ hinzugefügt werden. Dabei geht es vor allem um landwirtschaftliche Produkte aus jüdischen Siedlungen im Westjordanland und auf dem Golan.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nahm dies zum Anlass, heftig gegen das auch bei ausländischen Touristen beliebte Kaufhaus zu wettern. Dabei verwies er auch auf dessen unrühmliche Geschichte.

Rasch und unsensibel gehandelt

Das ehemals in jüdischem Besitz befindliche Warenhaus war unter den Nazis enteignet worden.
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft reagierte auf die vorübergehende Herausnahme israelischer Produkte aus dem KaDeWe-Sortiment mit Bestürzung. Der Vorgang mache deutlich, dass gerade die Leitung Anlass habe, die Geschichte des Hauses mit der „Arisierung“ im Nationalsozialismus aufzuarbeiten. Nach der scharfen Kritik Netanjahus hatte die Geschäftsleitung geschrieben, hausintern sei zu rasch und unsensibel gehandelt worden.

Rückendeckung erhielt das Berliner Nobelkaufhaus vom Einzelhandelsverband. Das KaDeWe habe sich lediglich rechtskonform an neue EU-Vorgaben gehalten und sei somit der falsche Adressat für die massive Kritik, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen. Auch sein Verband prüfe derzeit die EU-Vorgaben zum Verkauf von Produkten aus israelischen Siedlungen in besetzten Gebieten, sagte er dem epd.

Historische Parallelen

Es handele sich hier um eine politische Frage, die nicht die Händler entscheiden könnten, betonte Busch-Petersen. Hier sei die Politik gefragt. Er persönlich kenne keine anderen Fälle von Grenzkonflikten, in denen ähnlich wie im Fall Israel gehandelt werde, sagte Busch-Petersen weiter: „Wir wüssten schon gerne, wie jetzt damit konkret umzugehen ist, wie das gemeint ist und ob das dauerhaft so sein soll.“ Auch aus historischen Gründen sollte sich Deutschland bei der Durchsetzung entsprechender Vorgaben für den Handel zurückhalten, sagte Busch-Petersen weiter. Denn die historische Parallele zu dem von den Nationalsozialisten ausgerufenen Boykott jüdischer Händler würde sich natürlich aufdrängen: „Genauso unerträglich sind jetzt aber auch die Aufrufe: 'Kauft nicht im KaDeWe' - die sind keinen Deut besser“, sagte Busch-Petersen. (epd)

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