zum Hauptinhalt

Brandenburg: Dem Tacheles droht das Ende Kunsthaus abgesperrt und mit Schlössern versehen

Berlin - Das Ende des Kunsthauses Tacheles in Berlin-Mitte rückt näher. Am gestrigen Donnerstag sperrte Zwangsverwalter Holger Schwemer mit Sicherheitsleuten sämtliche Eingänge ab und kündigte sogleich eine Räumung an.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Stand:

Berlin - Das Ende des Kunsthauses Tacheles in Berlin-Mitte rückt näher. Am gestrigen Donnerstag sperrte Zwangsverwalter Holger Schwemer mit Sicherheitsleuten sämtliche Eingänge ab und kündigte sogleich eine Räumung an. Das Gebäude ist seither für Künstler und Touristen verschlossen, der private Sicherheitsdienst verwehrt ihnen den Zutritt.

Im dritten Stock übergab der Vollzugsbeamte dem Zwangsverwalter Schwemer drei Räume, im vierten Geschoss eine Galerie mitsamt Ausstellung. Die Nutzer könnten sich bei Schwemer einen Schlüssel abholen, um an die bisher genutzten Flächen zu gelangen, heißt es auf einem Schild. Das Tacheles sei kein öffentlicher Ort. „Die aktuellen Nutzer () werden auf Räumung verklagt“, heißt es weiter auf dem Schild.

„Das wäre das Ende des Tacheles“, sagte Sprecherin Linda Cerna, die selbst einen Schlüssel bekam. Die anderen Nutzer, die auf einer Liste standen, meldeten sich hingegen nicht. Mit dem Schlüssel seien keinerlei Besitzrechte verbunden, die Nutzung des Tacheles erfolge sowieso widerrechtlich, sagte Schwemer. Die Schlüssel-Taktik ist ein Instrument, um Klarheit darüber zu erlangen, wer die Flächen nutzt, um dann gegen diese Personen Räumungstitel erwirken zu können. Bisher hatten immer wieder neue Künstler Ansprüche auf Flächen gestellt, was den Zwangsverwaltern eine Räumung erschwerte. Der zuständige Gerichtsvollzieher sollte deswegen den Besitzstand im Haus klären. Sämtliche existierende Mietverträge mit Künstlern sind laut Schwemer ungültig, weil diese mit dem längst insolventen Tacheles-Verein abgeschlossen worden seien.

Cerna kritisierte die Aktion als unrechtmäßig und versuchte, eine einstweilige Verfügung gegen das Vorgehen zu erwirken – die zuständige Richterin war aber nicht mehr zu erreichen.

Am Nachmittag weigerten sich noch etwa 20 Künstler in den oberen Stockwerken, das Haus zu verlassen. Auf dem Bürgersteig versammelten sich mehr als 100 Sympathisanten des Tacheles, die mit Sprechchören gegen die Vorgänge protestierten. Die Polizei war mit 30 Beamten vor Ort, um den Gerichtsvollzieher bei der Feststellung von Personalien zu unterstützen und mögliche Störungen zu vermeiden, sagte ein Polizeisprecher.

Vereinzelt wurden nach Angaben von Augenzeugen Künstler aus dem Haus getragen. Rangeleien vor der Tür resultierten in Anzeigenerstattung und Festnahme mindestens einer Person. Die Anhänger rund um Tacheles e.V. Vorstand Martin Reiter bildeten eine Menschenkette vor dem einstigen Kaufhaus, das nach der Wende besetzt wurde und sich als Kunstzentrum weltweit einen Namen gemacht hat. Erst am Mittwoch hatten die Tacheles-Künstler vor dem Roten Rathaus für die Erhaltung des Hauses demonstriert. Die Zukunft des Hauses ist unklar. Nach der Pleite eines Investors soll es zwangsversteigert werden.C. Henrichs/C. Spangenberg

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })