zum Hauptinhalt

Brandenburg: Der Albtraum

Die Abiturientin war fast zu Hause, als sie von David G. attackiert wurde. Als die Vergewaltigung misslang, erwürgte er sie. Jetzt fiel das Urteil

Stand:

Berlin - Auf dem Grab von Hanna K. gibt es immer frische Blumen. Hunderte folgten fassungslos dem Trauerzug, als die 18 Jahre alte Abiturientin aus Berlin-Kaulsdorf beigesetzt wurde. Sieben Monate später fiel das Urteil gegen den Täter: Als Mörder erhielt David G. eine lebenslange Haft. Der 31-Jährige wurde auch der versuchten Vergewaltigung schuldig gesprochen. Als sich die junge Frau wehrte, habe er sich erwürgt. „Sie war arglos, wehrlos. Sie hattet überhaupt keine Chance“, hieß es. Eine schreckliche Tat. „Der Albtraum aller Eltern.“

Bleich und äußerlich ohne Regung nahm David G. die verhängte Höchststrafe entgegen. Er hatte sich vier Tage nach dem Verbrechen selbst gestellt – allerdings unter Fahndungsdruck. Er hatte sich auf veröffentlichten Bildern aus Überwachungskameras der U-Bahn erkannt. Erst gab er einen Angriff aus sexuellen Motiven zu, dann rückte er peu à peu davon ab. Bis er von einem Unfall nach einem Sturz sprach. Er müsse auf ihren Hals gedrückt haben. „Das glaubt Ihnen keiner“, hieß es im Urteil.

Hanna K. hatte gerade ihr Abitur mit Bravour bestanden und wollte in Kürze ein Medizinstudium beginnen. Die zurückhaltende Gymnasiastin kam in der Nacht zum 16. Mai von einer Party einer Freundin. Am U-Bahnhof Frankfurter Allee war sie dem ihr fremden David G. aufgefallen. „Ein Mädchen, das in seinen Fantasierahmen passte“, so Richter Ralph Ehestädt. „Er wollte Sex.“

Er folgte ihr unbemerkt in einen Zug und stieg mit ihr am U-Bahnhof Wuhletal aus. Hanna K. war nur noch 200 Meter von ihrem Elternhaus entfernt, als er sie auf einem einsamen Weg von hinten packte. Sie fielen eine Böschung hinunter. Sie wehrte sich, schrie. „Sie haben sie getötet, um ihr Vorgehen zu verdecken“, hielt ihm der Richter vor.

Bedrückende Stille herrschte im Gerichtssaal, als noch einmal auf die Details der tödlichen Nacht aufgelistet wurden. Die Eltern von Hanna K. saßen auch diesmal nicht neben ihrem Anwalt. Sie hatten den vierwöchigen Prozess aus der Ferne verfolgt. Mehr konnten sie nicht verkraften. „Die Belastung wäre zu hoch gewesen“, sagte ihr Anwalt Roland Weber. „Sie wollten auch nicht, dass die Begegnung mit dem Täter und die Einzelheiten der Tat die vielen positiven Bilder ihrer Tochter überlagern.“

David G. hat im Prozess die Tötung in der Version eines Unfalls zugegeben, Reue aber zeigte er nicht. Drei bis acht Minuten lang hatte er nach einem rechtsmedizinischen Gutachten sein Opfer gewürgt. Ein qualvoller Tod. Von der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage wurde unter anderem deshalb neben der Höchststrafe auf die Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld beantragt. Eine Freilassung nach 15 Jahren auf Bewährung wäre so mit dem Urteil ausgeschlossen worden. Dem aber folgte das Landgericht nicht. Die juristischen Voraussetzungen würden nicht vorliegen. Es sei auch zur berücksichtigen, dass sich David G. selbst stellte, ein Teilgeständnis ablegte und keinerlei Vorstrafen hat.

Warum aber wurde einer wie G. zum Mörder? Er sei nicht losgegangen, um ein Mädchen zu töten, hieß es im Urteil. Ein heimtückischer Verdeckungsmord eines Mannes, der als intellektuell und seelisch einfach gestrickt beschrieben wurde. Aus Sicht der Richter liegt bei David G. eine Intelligenzminderung vor. Von Schwachsinn könne man aber nicht reden. Der berufs- und arbeitslose G., der bei seinen Eltern in Lichtenberg wohnte, habe beachtliche Fähigkeiten am Computer oder im Modellbau. Für einen Job sei G. „zu faul“ gewesen.

Der Nebenklage-Anwalt zeigte sich nach dem Urteil zufrieden: „Man kann froh sein, dass er eine lebenslange Freiheitsstrafe bekommen hat. Ich halte ihn weiter für sehr gefährlich.“ Es sei auch nicht davon auszugehen, dass G. nach 15 Jahren entlassen wird. Eine günstige Sozialprognose für den Täter sei nicht zu erwarten. Der Staatsanwalt kommentierte: „Es hat ein gerechtes Urteil gegeben.“ Der Verteidiger kündigte Revision an. Er bezweifelt, dass G. tatsächlich voll schuldfähig ist.

Kerstin Gehrke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })