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Ministerwechsel im Brandenburger Landtag: Der Aufsteiger

Christian Görke, der neue Finanzminister, ist der einflussreichste Linke – und bald auch Parteichef

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Er will loslegen, sich nicht lange einarbeiten müssen. Also hat Christian Görke, der heute zum Finanzminister Brandenburgs ernannt werden soll und bislang die Linke-Landtagsfraktion führte, sich in den letzten Nächten mal hineingekniet. Hat Akten studiert, sich ein genaueres Bild gemacht, was vorrangig als Minister zu tun sein wird. „Ich habe versucht, ein bisschen Vorlauf zu bekommen. Mein Schlafbedürfnis ist gewachsen.“

Genau das ist typisch für diesen Mann. Er sei einer, der „genau weiß, was er will“, heißt es über den 51-Jährigen, was nicht nur positiv gemeint ist. Schon vor dem Wechsel ins Kabinett, eigentlich erst für die nächste Legislaturperiode geplant, jetzt in der Not früher, war der frühere Lehrer für Sport und Geschichte zur Nummer eins der Linken im Land geworden. Im Landtag ist er seit 2003, hat sich als finanzpolitischer Sprecher profiliert, war seit 2009 parlamentarischer Geschäftsführer. Als die rot-rote Regierung gebildet wurde, handelte Görke, der als Strippenzieher gilt, den Koalitionsvertrag mit aus. Aus der SPD heißt es, er sei verlässlich, „gerade bei Krisen“. Und von denen hatte das SPD-Linke-Bündnis ja nicht wenige. In keiner Regierung Brandenburgs gab es so viele Rücktritte wie seit 2009.

Seinen Blitz-Aufstieg hat Görke trotzdem erst richtig hingelegt, als er 2012 die damalige, in der Fraktion nicht mehr mehrheitsfähige Chefin Kerstin Kaiser beerbte, mit Gespür für den Moment, für das Notwendige, und mit persönlichem Ehrgeiz. Er hat keine Scheu, in Lücken zu stoßen, die andere hinterlassen, da er im Gegensatz zu anderen Linken ein unverkrampftes Verhältnis zur Macht hat, ohne Illusionen und Sentimentalitäten. Er sei ein „Teamspieler“, hat er einmal über sich gesagt. Und tatsächlich war es ihm gelungen, neuen Schwung in die demotivierte Fraktion zu bringen, diese nach Außen wahrnehmbarer zu machen - auch im Kontrast zur SPD zu profilieren. Ende der Woche soll Görke, dann bereits Minister, zum Spitzenkandidaten der Linken für die Landtagswahl und zum Parteivorsitzenden gewählt werden. Er weiß, dass die Ämterfülle manchen Genossen nicht geheuer ist. „Ich kann das nachvollziehen. Ich kämpfe um jede Stimme.“ Schon auf dem letzten Parteitag war er es, der statt des Amtsinhabers Stefan Ludwig die Rede eines Parteichefs gehalten hatte und Linke-Bedingungen an die SPD für eine Fortführung von Rot-Rot über 2014 hinaus formulierte. Denn das ist, daraus macht er keinen Hehl, sein vorrangiges Ziel. Als Finanzminister will Christian Görke bis Februar Eckpunkte für Brandenburgs Doppelhaushalt 2015/2016 vorlegen, auch so ein Signal.

STAATSSEKRETÄRE

Er wird ihn nicht los. Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), wegen Fördergeld-Affären unter Druck, versucht weiter, seinen Staatssekretär Henning Heidemanns abzulösen. Wie beim gescheiterten ersten Anlauf vor einigen Monaten, als der neue Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ein Veto einlegte, kommt Christoffers wohl wieder nicht durch. Dies verlautet aus der rot-roten Regierungskoalition. Wenige Monate vor der Landtagswahl sei ein „Spaziergänger“ auf Landeskosten nicht vermittelbar, heißt es. Christoffers hatte auf einer Belegschaftsversammlung im Ministerium erst vor zwei Wochen erklärt und Erwartungen geweckt, dass die Personalie bis nächsten Freitag gelöst werde.

Die Chance, Heidemanns in den vorzeitigen Ruhestand zu schicken, hatte er 2012 verpasst. Damals wechselten die Linken ihre Staatssekretäre im Umwelt- und Justizministerium aus. Christoffers wurde angeboten, sich von Heidemanns zu trennen, was er ablehnte. Inzwischen gilt das Verhältnis als völlig zerrüttet. Und Heidemanns, auch ein Grund für die Aktivitäten des Ministers, ist inzwischen mit der Leiterin der Grundsatzabteilung des Ministeriums verheiratet. Eine beamtenrechtlich nicht unproblematische Unterstellung, unübersehbar schon auf dem Organigramm im Eingang des Ministeriums. Heidemanns ist seit Wochen weg, erst im Urlaub, danach krank. Einen verabredeten Abgang gibt es im Arbeitsministerium: Staatssekretär Wolfgang Schroeder geht zurück an eine Uni. Die Stelle wird nicht neu besetzt. (thm)

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