zum Hauptinhalt

Brandenburg: Der Bodenständige

Ulrich Junghanns, 50, ist der neue CDU-Landeschef / Er kennt sich mit Wirtschaft aus – und mit Pferden

Stand:

Potsdam - Neulich passierte Ulrich Junghanns ein Malheur. Während eines Ausrittes durch die märkische Flur brach das Pferd plötzlich aus, stürmte in einen See, das Wasser schlug bereits über dem Rücken des Tieres zusammen: Er sei im Sattel geblieben, habe die Zügel herumgerissen, das Tier wieder unter Kontrolle gebracht, erzählte der 50jährige jüngst stolz.

Eine schöne Geschichte – die widerborstige CDU Brandenburg zu zähmen, die Junghanns als neuer Vorsitzender zu führen hat, wird nicht so einfach sein. „Da wird viel Geduld und Kleinarbeit nötig sein“, sagt er selbst. Gedrängt hat sich Brandenburgs Wirtschaftsminister nicht nach dem Posten. Erst spät, in den letzten Wochen, bei den Auftritten vor der Parteibasis, kämpfte der „Kronprinz“ von Jörg Schönbohm um das Amt, schien er es auch innerlich anzunehmen. „Ich will Parteivorsitzender werden“ – das klang aus seinem Munde noch ungewohnt. Er ist kein klassischer Machtpolitiker, eher einer, der sich in die Pflicht nehmen lässt.

Das war schon so, als er 2002 auf Bitten Schönbohms – nach dem Rücktritt des über eine Affäre gestolperten Vorgängers Wolfgang Fürniß – Wirtschaftsminister wurde und dafür „schweren Herzens“ sein Unternehmen aufgab. Frühere Offerten, ins Kabinett zu gehen, hatte er noch abgelehnt. Das unterscheidet ihn von vielen in der CDU. Junghanns passt zu Brandenburg, zu seinen Mentalitäten, seinen Vorzügen und Schwächen. Er gilt als bodenständig, zurückhaltend, als ehrlich und verlässlich. Aber er ist auch kein Rhetoriker, formuliert oft schwer verständliche Sätze. Und er hat einen Hang zur Vorsicht, einen defensiven Politikstil. Was ihm zuwider ist? Ränkespiele, Schaumschlägerei, Aktionismus. In der eigenen Partei, aber auch in der Potsdamer Regierungs-Koalition nennt man als Stärke, dass er integrieren, ausgleichen und Konflikte fair austragen kann. Eigenschaften, die die zerstrittene CDU jetzt brauchen wird. Ob er auch anzugreifen und auszuteilen vermag, was die Partei erwartet, wird er erst beweisen müssen.

Als Wirtschaftsminister ist er anerkannt. Dabei hatte der frühere Unternehmer zahlreiche Altlasten übernommen, gescheiterte Großprojekte wie Cargolifter oder die Frankfurter Chipfabrik. Er beendete die bisherige Förderpolitik mit der Gießkanne. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) schätzt Junghanns als „soliden, kompetenten Arbeiter“, der inzwischen die ersten Früchte einfahren kann: In Frankfurt (Oder) hat er zwei Solarfabriken angesiedelt. Pünktlich zur Parteiwahl präsentierte Junghanns die bisher beste Ansiedlungsbilanz. Seine politische Karriere begann der gebürtige Thüringer bereits zu DDR-Zeiten. Der ausgebildete Pferdewirt, der an der Potsdamer Akademie für Staat und Recht Staatswissenschaften studierte, war lange Jahre Funktionär und letzter Vorsitzender der von der SED gegründeten Bauernpartei, die er mit der deutschen Einheit 1990 in die CDU überführte – und nicht in die SPD. Er zog in den Bundesvorstand der CDU ein, dem er zwei Jahre angehörte, war acht Jahre Kommunalpolitiker in seiner Heimatstadt Frankfurt (Oder), und von 1990 bis 1998 Mitglied des Bundestages. Trotz Bitten aus der Landes- und Bundespartei verzichtete Junghanns auf eine erneute Kandidatur, um sich mit einer Firma für Verkehrsleitsysteme selbstständig zu machen. Ob im Bundestag, als Vize-Parteichef, Minister oder Unternehmer – was er bislang tat, tat er solide. Thorsten Metzner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })