Oppositionskrise: Die Grünen: Der gemeinsame Nenner
Und plötzlich Oppositionsführer. Wenn es eine Konstante gibt in der Opposition, dann die Grünen.
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Und plötzlich Oppositionsführer. Wenn es eine Konstante gibt in der Opposition, dann die Grünen. Die kleinste Fraktion im Landtag steht im Oppositionskosmos plötzlich im Zentrum: Die FDP trudelt gen Regierungslager, die CDU gilt mit ihrer radikal-konservativen Spitzenfrau Saskia Ludwig als Schmuddelkind mit Rechtsdrift. Nur die Grünen schaffen es immer wieder, auch dauerhaft über Sachthemen wahrgenommen zu werden. Wenn nicht, dann fallen sie zumindest nicht negativ aus der Rolle.
Mitunter geschieht dies sehr zum Verdruss fleißiger Oppositionskollegen – etwa von Dierk Homeyer, dem CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss zur Krampnitz-Affäre. Homeyer wühlt sich seit Monaten durch Aktenberge. Wenn er, wie in dieser Woche, öffentlich seine Ergebnisse vorstellt, hat er einen Tag Presseecho und Anerkennung. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel setzt sich einen Tag später auf das Thema, steht Homeyer bei – und hat auch seinen Auftritt. Homeyer hat dann regelmäßig das Problem, dass in seiner Partei Dinge geschehen, die seine Arbeit verdecken – wie Gastbeiträge seiner Chefin in rechtspopulistischen Blättern. Was Homeyer bissig kommentiert, gereicht der kleinen Fraktion auch zur Größe: Die Grünen gehen wenig ideologisch vor, sagen offen, wenn sie etwas bei anderen Fraktionen gut finden. Sie können in alle Richtungen stimmen – Hauptsache, es passt in ihr Koordinatensystem. Selbst aus SPD und Linke kommt Anerkennung: detailverliebt bei den Themen, klug und präzise. Als die Grünen am Freitag ein Gutachten zur nötigen Reform der Gemeindestrukturen vorstellten, schickte selbst die Staatskanzlei einen Zuhörer.
Anders als die FDP schaffen es etwa Vogel oder die Bildungspolitikerin Marie-Luise von Halem dabei, sich nicht anzubiedern und Eigenständigkeit zu demonstrieren. Wenn es Lob zu verteilen gibt, dann scheuen sie sich nicht, dies auch öffentlich zu tun – auch wenn es gen Regierung gehen muss. Dafür aber ist besonders Vogel in seiner Kritik hart, mitunter witzig und ironisch – aber eben nicht ideologisch. Das macht die Grünen auch zum Mittler zwischen FDP und CDU: Sie sind der größte gemeinsame Nenner. „Das gemeinsame, abgestimmte Agieren wie in den Anfangsjahren aber gibt es nicht mehr“, sagt Vogel. Sein Urteil: „Die Gemeinsamkeiten tragen nicht mehr.“
Aber auch die fünf Grünen haben untereinander ihre Befindlichkeiten. So gibt es – intern – regelmäßig giftige Spitzen, weil die Fraktion zu sehr nur über Fraktionschef Vogel wahrgenommen werde. Ihr Trost: Sie werden wahrgenommen.axf/pet
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