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Brandenburg: Der Kampf geht weiter

Kopftuch-tragende Lehrerin klagt und will keinen Vergleich. Eine andere bekommt Entschädigung

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Berlin - Abeer K. trägt an diesem Tag ein weinrotes Kopftuch. Wegen ihres Kopftuchs darf sie nicht an einer regulären Schule unterrichten. Wegen ihres Kopftuchs ist sie am Montag beim Berliner Arbeitsgericht. Sie hat Informatik studiert, sie will als Quereinsteigerin Informatik und Mathematik unterrichten. Ob sie das darf, ist auch nach dem Gütetermin beim Arbeitsgericht unklar. Das Land Berlin bietet ihr eine Entschädigung an, Abeer K. will aber keinen Vergleich. Deshalb kommt es zum Prozess. Eine zweite kopftuch-tragende Klägerin, die Informatik und Mathematik unterrichten möchte, hat dagegen einen Vergleich akzeptiert. Sie erhält 6915 Euro Entschädigung. Sowohl das Land als auch die Klägerin können das noch widerrufen.

Abeer K. hatte im Januar am Casting, bei dem sich Lehramts-Bewerber Vertretern der Schulverwaltung persönlich vorstellen, teilgenommen. Dabei wurde ihr gesagt, dass sie als Kopftuchträgerin wegen des Neutralitätsgesetzes keine Chance habe, an einer allgemeinbildenden Schule zu unterrichten. Einen Monat später entschied allerdings das Landesarbeitsgericht in einem ähnlich gelagerten Fall, dass die Klägerin, die auch wegen ihres Kopftuchs abgelehnt worden war, eine Entschädigung erhält. Zudem forderte das Gericht, das Berliner Neutralitätsgesetz müsse verfassungskonform ausgelegt werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2015 bei einem Fall in Nordrhein- Westfalen geurteilt, dass ein generelles Verbot ohne konkrete Gefährdung des Schulfriedens unzulässig sei. Gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts hatte das Land keine Revision eingelegt. „Ein Fehler“, räumte ein Landes-Vertreter ein.

Das Land Berlin ist jetzt der Rechtsauffassung, dass kopftuch- tragende Lehrerinnen nur an „berufsbildenden Schulen“ unterrichten dürfen. Und nur, wenn es an diesen Schulen freie Stellen in Mängelfächern gibt. „Und solange das Neutralitätsgesetz nicht aufgehoben ist, bleibt das auch so“, so der Vertreter des Landes. Wie die Senats-Bildungsverwaltung den Status von Abeer K. einstuft, ist unklar. „Ich habe bis heute weder Ab- noch Zusage erhalten“, sagte sie. K.s Anwältin erklärte, sie wolle unverändert, dass ihre Mandantin an einer regulären Schule unterrichten dürfe. Ein baldiges Ende des Rechtsstreits ist nicht in Sicht. „Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass die Sache vom Verfassungsgericht entschieden wird“, sagte der Vertreter des Landes. Frank Bachner

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