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Wilderei im Naturschutzgebiet. Der abgetrennte Kopf deutet laut Landesumweltamt auf einen Trophäensammler hin.

© LUGV

Brandenburg: Der kopflose Wolf

Ein geschütztes Tier wurde erschossen und enthauptet. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft

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Beeskow - Wolfsmord in Brandenburg: Nahe der Lieberoser Heide, südöstlich von Berlin, ist ein getöteter Wolf gefunden worden, der erschossen und geköpft worden ist. Diesen bislang einmaligen Fall machten am Mittwoch die Stiftung Naturlandschaften und Umweltverbände publik. Die Stiftung hat bei der Staatsanwaltschaft Cottbus Strafanzeige gestellt. Wie eine Sprecherin der Ermittlungsbehörde auf Anfrage sagte, „werden wie in solchen Fällen üblich von Amts wegen Ermittlungen aufgenommen.“

Die Jagd auf das geschützte Raubtier ist streng verboten. Zwar hat es seit der Rückkehr der einst ausgestorbenen Wölfe nach Brandenburg, wo inzwischen wieder mehr als einhundert Wölfe leben, schon sechs illegale Abschüsse gegeben. „Doch dieser Fall hat eine neue Qualität“, sagte Matthias Freude, der Präsident des brandenburgischen Landesumweltamtes, den PNN. „Der abgetrennte Kopf deutet auf einen Trophäensammler hin. Man darf vermuten, dass er den abgetrennten Kopf des erlegten Wolfes herumzeigen will. Das ist kein gutes Zeichen.“

Die Leiche des Wolfes war am Vormittag des 7. Augusts südlich von Lieberose an der Bundesstraße 168 von einem Radfahrer gefunden worden, der die Revierförsterei alarmierte. Das geköpfte Tier hatte direkt neben der Straße in einer Böschung an einem Hinweisschild auf das Naturschutzgebiet Lieberoser Heide gelegen, einem früheren Truppenübungsplatz der russischen Streitkräfte. Die Heidelandschaft: Gleich in der Nähe des Fundortes liegt die sogenannte „Wüste“ fast ohne Vegetation, sie bietet auch für Wolfsrudel ideale Lebensbedingungen. Die ersten Wölfe waren hier 2009 gesichtet worden.

Nachdem herbeigerufene Wolfs-Spezialisten des Landesumweltamtes das Tier geborgen hatten, wurde es in den letzten Tagen vom Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin seziert und untersucht. Nach dem dieser Zeitung vorliegenden Sektionsprotokoll wurde das Tier, ein erwachsener, gesunder Rüde, 27 Kilogramm schwer, erschossen. Der Befund deutet auf einen erfahrenen Jäger hin.

„Die Verletzungen entsprechen dem Bild eines Blattschusses“, heißt es im Protokoll. „Der Tod trat vermutlich binnen weniger Minuten ein. Dem Tier wurde post mortem der Kopf abgetrennt.“ Für die Ermittlungen wurden Spuren für mögliche DNA-Analysen und Schmauchspur-Untersuchungen gesichert. Auch erste Metallpartikel seien sichergestellt worden, weitere Analysen sollen folgen.

Tötungen von Wölfen, die national und international unter strengem Schutz stehen, sind kein Kavaliersdelikt. „Das Verletzen und Töten von Wölfen als Verstoß gegen das Artenschutzrecht stellt einen Straftatbestand dar“, erläuterte Andreas Piela, Vorstandsmitglied der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg. Wenn Wolfs-Wilderer erwischt werden, drohen der „Entzug der Jagdlizenz, was für Jäger die Höchstrafe ist“ sowie drastische Geldstrafen von bis zu 50 000 Euro, erläuterte Matthias Freude. In einem Fall, wo der Täter ermittelt werden konnte, sei dies geschehen.

In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten Stiftung und Umweltorganisationen wie der Naturschutzbund Brandenburg und der WWF die Tat. Weil solche Fälle zunehmen, forderte der WWF für Deutschland Spezialeinheiten nach dem Vorbild Österreichs, Italiens und der USA. Brandenburgs Naturschutzbund (NABU) sprach sich für eine neue Fachstelle beim Landeskriminalamt aus, die bei Verstößen gegen das Artenschutzrecht und bei Wilderei-Straftaten tätig wird. Für solche Fälle sei schließlich „besondere Sachkunde“ erforderlich, so die Begründung.

Es geht nicht nur um Wölfe. Immer wieder würden „auch andere geschützte Arten, wie beispielsweise Biber, Kormoran oder Kranich aufgefunden, die den Verdacht nahe legen, dass sie mit Vorsatz getötet wurden“, sagte Katharina Weinberg, Geschäftsführerin des NABU Brandenburg.

In Brandenburg leben seit 2007 wieder Wölfe, nachdem das Tier bald 200 Jahre ausgestorben war. Seitdem wachsen die Bestände, derzeit sind es über einhundert Tiere in zwölf Rudeln, vor allem in der Lausitz, aber auch in der Prignitz, dem Fläming oder eben der Lieberoser Heide.

Die Rückkehr der Wölfe sorgt auch für Ängste und wegen gerissener Tiere auch für Konflikte, um die es aber ruhiger geworden ist. Schäfer etwa haben sich auf den Wolf eingestellt, mit höheren Weidezäunen oder Herdenschutzhunden, vom Land gefördert. Das zeigt Wirkung. „Bemerkenswert“ sei, sagt Freude, „dass die Nutztierverluste rückläufig sind.“ In diesem Jahr waren es 36 gerissene Schafe, für die Schäfer Entschädigungen erhalten, „obwohl es in Brandenburg immer mehr Wölfe gibt“.

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