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Brandenburg: Der Linke-Test: Regieren, ohne zu verlieren

Parteichef Görke sagt: „Ich bin machtbewusst“ Abgeordneter Müller greift Verfassungssschutz an

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Potsdam - Sie wollen nicht enden wie die Berliner Genossen nach den rot-roten Jahren. Brandenburgs Linke setzen deshalb, was für die Partei ein Novum ist, alles auf einen Mann: Auf den neuen Finanzminister Christian Görke, der am Wochenende auf dem Landesparteitag in Potsdam auch zum Parteichef gewählt wurde, mit einem Ergebnis von 77,3 Prozent. Zuvor war der 51-Jährige (wie berichtet) bereits zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 14.September 2014 gekürt worden. Und diese Wahl ist für die Linke in Deutschland und Europa von Bedeutung, wie Bundesparteichefin Katja Kipping deutlich machte, da es hier die Linken erstmals schaffen könnten, trotz Regierungsbeteiligung nicht in der Wählergunst einzubrechen. „Das wäre ein Signal für die Linke in Europa“, sagte Kipping. Die Parteichefin stellte sich klar hinter die auf Linke-Bundesebene lange umstrittene Regierungsbeteiligung im Land.  „Auch hier macht die Linke den Unterschied“, sagte Kipping.

Für das erklärte Ziel, nicht einzubrechen und Rot-Rot fortsetzen zu können, konzentrieren die Linken alles auf Görke. Ziel sei auch eine Professionalisierung, nachdem es in der Vergangenheit immer wieder Kommunikations- und Führungsdefizite zwischen Partei, Regierungsmitgliedern und Fraktion gegeben hatte, heißt es intern. Bis zuletzt blieb trotzdem unklar, ob die Basis dem folgt. Das war der Grund, weshalb Görke in seiner Bewerbungsrede offen auf die Bedenken einging.  „Ich bin nicht machtgeil, aber ich bin machtbewusst“, hatte er erklärt. „Mir geht es nicht um persönliche Macht. Mir geht es um Gestaltungsmacht für die Linke.“ Ein „Demokratiedefizit“ werde es mit ihm nicht geben. Auch hatte er darauf verwiesen, dass „ein Parteivorsitzender am Kabinettstisch ein anderes Gewicht auf die Waage bringt als einer, der nur Minister ist“. Außerdem kündigte Görke an, dass ein neuer rot-roter Koalitionsvertrag – falls es zu einer Neuauflage kommt – vor Unterzeichung der Parteibasis vorgelegt wird, mit einem Mitgliederentscheid.

Görke bekam seine Wunsch-Führungsspitze durch, als Vizes wurden Ute Hustig, Bürgermeisterin von Nuthetal, Vize-Regierungssprecherin Gerlinde Krahnert, Barnim-Kreischef Sebastian Walter und der Potsdamer Landagsabgeordnete Norbert Müller vom Linksaußen-Flügel gewählt. Müller, seit Kurzem im Landtag, hatte bereits wegen seiner Mitgliedschaft in der als linksextremnah geltenden „Roten Hilfe“ Irritationen ausgelöst. Auf dem Parteitag griff er nun den brandenburgischen Verfassungsschutz direkt an, forderte ein Ende der Beobachtung von Jugendlichen der linken Szene: „Nicht sie gefährden die Demokratie. Die wird vom Verfassungsschutz gefährdet“, erklärte Müller, der einen chancenreichen Listenplatz für einen Einzug in den Landtag hat. Landesgeschäftsführerin bleibt Andrea Johlige, die sich mit hauchdünnem Vorsprung in einer Kampfkandidatur behauptete.

Beschlossen wurde die Landesliste der Linken für die Landtagswahl, von der weitgehend die neue Parlamentsmannschaft abhängt. Da die Linken ein basisdemokratisches Wahlverfahren haben, es keinerlei Vorsortierung der Besetzung der Plätze gibt, ist es ein Ranking des Führungspersonals: Nach Görke folgen als Newcomerin die Lehrerin Kathrin Dannenberg – sie hatte 2010 den deutschen Lehrerpreis erhalten – und Landtagsvizepräsidentin Gerrit Große. Auf Platz vier – den besten Männerplatz der quotierten Liste – schaffte es auf Anhieb der frühere Justizminister Schöneburg. In seiner Rede verwies Schönburg darauf, dass Brandenburg mit der klar auf Resozialisierung ausgerichteten Rechts- und Justizpolitik „über Brandenburg hinaus Spuren hinterlassen hat“. Er wurde von den Genossen gefeiert. Auch Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, derzeit wegen Förderaffären unter Druck, und seine Kollegin Anita Tack sind unter den Top Ten.

nbsp;Thorsten Metzner

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