POSITION: Der Milchmarkt: Weit, weit weg
Der Milchmarkt funktioniert – die Bauern produzieren nur zuviel Von Reinhard Jung
Stand:
Angebot und Nachfrage regeln den Preis. So ist das in einer Marktwirtschaft
Wenn mehr Milch auf dem Markt ist, als nachgefragt wird, sind die Preise niedrig. Und sie werden sich erst bessern, wenn sich das Angebot verringert
Da nützen keine Pappsärge, Trillerpfeifen und Protestplakate wie bei der Bauerndemonstration am Montag in Berlin. Entweder müssen alle Bauern weniger Milch produzieren, oder einige müssen ganz damit aufhören.
Dass alle Bauern weniger produzieren, war die Idee hinter dem Milchstreik vor genau einem Jahr. Einige mutige Milcherzeuger haben angefangen, immer mehr haben mitgemacht – am Ende war der Druck so groß, dass sogar der den Meiereien eng verbundene Deutsche Bauernverband die Aktion unterstützt hat. Heraus kam dabei ein „Milchgipfel“, auf dem die Agrarminister versprachen, dafür zu sorgen, dass die Milchmenge reduziert wird.
Im November 2008 war es soweit, dass der Bundesrat über ein von Bayern eingebrachtes Maßnahmenpaket beriet, das die Milchmenge um fünf Prozent reduziert hätte. Leider lehnten die Agrarminister der meisten anderen Bundesländer den Vorschlag ab. Inzwischen liegen die Preise schon seit mehreren Monaten weit unter den Produktionskosten. Erneut hatte nun Bayern einen Vorstoß unternommen, fünf Prozent der Milchquote auszusetzen. Letzte Woche wurde der Vorschlag wieder abgelehnt.
Abgelehnt auch vom Land Brandenburg und vom Landesbauernverband, dessen Präsident gleichzeitig für die Milchpolitik des Deutschen Bauernverbandes verantwortlich zeichnet. Selbstbeschränkung würde die Exportchancen der deutschen Milchwirtschaft auf den globalen Märken verringern, heißt es in der Begründung. Außerdem würden die europäischen Nachbarländer nicht mitziehen und damit wären deutsche Marktanteile in Gefahr ...
Diese Argumente sind weit, weit weg von der Realität auf den Milchviehbetrieben. An der Hoffnung auf künftige Exportchancen können sich irgendwelche Meiereifunktionäre hochziehen, den Milchbauern nützt sie nichts. Und der Hinweis auf Europa ist eine beliebte Ausrede für Untätigkeit.
Fünf Prozent der deutschen Milch ließen sich dagegen nicht kurzfristig ersetzen – dem Vorschlag Bayerns folgend bestünde also genug Zeit, um auch europaweit für eine Mengensteuerung zu kämpfen.
Nochmal: Wird die Milchmenge, die auf den Markt kommt, nicht reduziert, müssen Milchviehbetriebe aufgeben.
Deshalb ist es unglaubwürdig, einerseits die Reduzierung der Menge politisch zu verhindern, andererseits schlechte Preise zu beklagen und Liquiditätshilfen für in Existenznot geratene Betriebe zu fordern. Oder Investitionsprogramme – mit denen dann die Milcherzeugung noch weiter angekurbelt würde ...
Und es ist peinlich, die vom Bund angekündigte Steuersenkung bei Agrardiesel als Triumph zu feiern. Für einen Milchviehbetrieb mit hundert Kühen bedeutet die Maßnahme eine Kostenentlastung von maximal 4 000 Euro im Jahr. Derselbe Milchviehbetrieb hatte aber bereits im ersten Quartal 2009, verglichen mit dem Vorjahr, Mindereinnahmen von über 60 000 Euro ...
Den Markt selbst trifft keine Schuld, er funktioniert wertfrei. Aber wer sich weiterhin wie der Bauernverband und auch das land Brandenburg politisch gegen eine Mengensteuerung bei der Milch stellt, trägt Verantwortung für die Not der Milchbauern und das Ausbluten des ländlichen Raumes!
Reinhard Jung ist Geschäftsführer des Bauernbundes Brandenburg, der vorwiegend kleine Familienbetriebe vertritt und seinen Sitz in Lennewitz (Prignitz) hat.
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