THEMA: Der Rekordwahlzetteltag 28.09.2008
Kumulieren oder Panaschieren? Die Auswahl an Kandidaten und Konstellationen ist zu den Kommunalwahlen in diesem Jahr im Land Brandenburg so groß wie selten
Stand:
Potsdam - Es sind noch acht Tage bis zur Kommunalwahl, aber schon jetzt wird im Land Brandenburg landauf und landab emsig gewählt: Wie Landeswahlleiter Peter Kirmße bestätigt, haben bereits 76 000 Brandenburger Briefwahlunterlagen angefordert. Das sind 3,5 Prozent der 2,13 Millionen Wahlberechtigten. „Die Tendenz ist von Wahl zu Wahl steigend“, sagt Kirmße.
Dass das Interesse an der Briefwahl diesmal besonders rege ist, verwundert nicht. Die Kommunalwahlen gelten nicht ohne Grund als die kompliziertesten aller Wahlen. Die Märker haben die Qual der Wahl: Wer in einem typischen Dorf des Flächenlandes wohnt, hat im Regelfall gleich drei Stimmzettel auszufüllen: Man wählt zum einen die Gemeindevertretung, in den landesweit insgesamt 416 Gemeinden und kleinen Städten. Diese Groß-Gemeinden waren bei der letzten Kommunalreform allerdings durch die Fusion von 1264 Dörfern gebildet worden, in denen weiterhin zusätzlich Ortsbeiräte gewählt werden. Und drittens werden die Abgeordneten der vierzehn Kreistage zwischen Uckermark und Lausitz gewählt. Zusätzlich kompliziert wird es, weil der Wähler anders als bei Landtags- oder Bundestagswahlen nicht nur zwei Stimmen zu vergeben hat: Für jede Vertretung, egal ob für den Ortsbeirat, die Gemeindevertretung oder den Kreistag, kann er drei Stimmen verteilen - also insgesamt neun Kreuze machen. Er kann seine drei Stimmen dabei jeweils einem Bewerber geben, im Amtsdeutsch nennt sich das „Kumulieren“, oder auf drei Kandidaten - egal welcher Partei oder Liste - verteilen, was sich „Panaschieren“ nennt. Damit hat es der Wähler anders als bei der Landtagswahl in der Hand, die vorher von den Parteien aufgestellten Ranglisten völlig durcheinanderwirbeln, so dass vermeintlich aussichtslose Kandidaten hinterer Plätze am Ende doch Mandate erringen. In 266 Kommunen werden zudem noch ehrenamtliche Bürgermeister gewählt, dort haben die Wähler also vier Stimmzettel - mit zehn möglichen Kreuzen. Um die Orientierung etwas zu erleichtern, haben die Stimmzettel zumindest unterschiedliche Farben, nämlich weiß für den Kreistag, rot für die Gemeindevertretung und grün für die Ortsbeiräte.
Wie berichtet, gibt es für die Kommunalwahl keinen Kandidatenmangel, mit 4456 Bewerbern für Kreistage und 15659 für die Gemeindevertretungen. Es treten landesweit zehn Parteien, elf politische Vereinigungen, 44 Listenbündnisse und 925 Wählergrupppen an. Deshalb haben die Stimmzettel teilweise Rekordmaße. Ein Beispiel: Der Stimmzettel für den Kreistag von Märkisch-Oderland ist 42 Zentimeter breit und 59 Zentimeter hoch - und damit größer als die Tagesspiegel-Seiten. Am einfachsten haben es da noch die Bewohner der vier großen Städte des Landes, Potsdam, Cottbus, Frankfurt (Oder) und Brandenburg/Havel. Die wählen in der Regel nur mit drei Stimmen die Stadtverordnetenversammlung. Lediglich in eingemeindeten Stadtteilen wie Golm in Potsdam kommt noch die Wahl der Ortsbeiräte hinzu.
Der „Wahlmarathon“ macht die Auszählung aufwendig. So werden am Wahlabend nur die Ergebnisse der vierzehn Kreistage und vier Stadtveordnetenversammlungen vorliegen, während die Auszählung der Stimmzettel der Gemeindevertretungen und Ortsbeiräte noch Tage danach in Anspruch nehmen wird. Das Endergebnis der Kommunalwahl wird deshalb erst Mitte Oktober verkündet.
KOMMUNALWAHLEN
BRANDENBURG
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: