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Brandenburg: Der Unmut wächst

SPD-Abgeordnete moniert SPD-Arbeitsmarktpolitik

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Potsdam - Die wachsende soziale Kluft im Land Brandenburg rückt ein Jahr vor der Landtagswahl ins Zentrum der politischen Auseinandersetzung. Selbst in den Reihen der SPD wird Kritik an Versäumnissen der Regierungspolitik laut. Der von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) propagierte und im Wahlkampf 2004 auf den Marktplätzen verkündete Anspruch eines „vorsorgenden Sozialstaates“ werde in Brandenburg bisher „nicht eingelöst“, erklärte die SPD-Arbeitsmarktexpertin und frühere Vize-Fraktionsvorsitzende Esther Schröder gegenüber den PNN. „Langzeitarbeitslose werden nur noch in Programmen geparkt, sie hangeln sich von einem Ein-Euro-Job zum nächsten“, sagte Schröder. Die frühere, „allein auf Versorgung“ ausgerichtete Arbeitsmarktpolitik werde „mit neuen Instrumenten“ fortgesetzt. So gebe es im Lande mittlerweile 24 000 Ein-Euro-Jobs, „so viele wie einst ABM“, aber nur 3700 Förderungen beruflicher Weiterbildung. Schröder fordert deshalb im SPD-Wahlprogramm und dem neuen Koalitionsvertrag 2009 wieder eine „Arbeitsmarktpolitik Made in Brandenburg“. „Wir dürfen das nicht den Linken überlassen“.

Die als unbequem geltende arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion, einst aus der PDS in die SPD gewechselt, zieht sich 2009 aus der Landespolitik zurück. Ihre Kritik kann Schröder aber auf aktuelle amtliche Berichte der 2009 für den Bundestag kandidierenden Noch-Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) zu Armut und Arbeitsmarkt stützen. Danach wächst im Land das Armutsgefälle zwischen dem berlinnahen und dem weiter entfernten Raum, und ist die Zahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter seit 2000 landesweit um 10 Prozent gesunken. Nur in Potsdam und Teltow-Fläming wuchs die Zahl der Jobs – überall sonst gingen sie dramatisch zurück, in der Uckermark gar um 20 Prozent.

Zugleich ist laut Ziegler in keinem anderen Bundesland die Zahl der Mini-Jobs so stark gestiegen wie in Brandenburg, nämlich um 39 Prozent seit 2000. Und wer Arbeit hat, muss hier pro Woche länger arbeiten als in jedem anderen Bundesland.

Die Vorsitzende der Links-Fraktion, Kerstin Kaiser, warf dem Sozialministerium wegen des vorige Woche publizierten Armutsberichtes „Schönfärberei“ vor. Sie forderte die Regierung auf, die wissenschaftlichen Expertisen, auf die sich der Bericht stütze, dem Landtag vorzulegen. „Sie sind offensichtlich ausgedünnt“, sagte Kaiser. „Der Bericht ist ein Armutszeugnis für die Landesregierung“. Von einer Trendwende könne keine Rede sein, wenn jedes vierte Kind von Hartz IV lebe.

SPD-Fraktionschef Günter Baaske räumte ein, dass er das 300-Seiten-Papier eine Woche nach Veröffentlichung noch nicht gelesen hat. Thorsten Metzner

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