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Brandenburg: Die Anderen

In der Odersun-Affäre schiebt Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) die Schuld auf die ILB und greift den Rechnungshof an

Stand:

Potsdam - Er bringt sich mit seinem Krisenmanagement in der Odersun-Affäre selbst weiter in Bedrängnis. Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) versucht erneut, seine vom Landesrechnungshof gerügte Verantwortung für die Drei-Millionen-Zahlung an den kurz darauf insolventen Solarhersteller – Auslöser war eine persönliche Entscheidung des Ministers gegen Warnungen seines Ministeriums, der ILB und eines Gutachters – auf die Landesförderbank (ILB) abzuwälzen. Und zwar in einem aktuellen 15-Seiten-Schreiben seines Ministeriums an den Landesrechnungshof. Christoffers muss heute auf einer Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses im Landtag zu Odersun und der Pleite der vom Land ebenfalls geförderten Luckenwalder Firma Human BioScience Rede und Antwort stehen. Bei beiden Pleitefirmen ermitteln Staatsanwaltschaften wegen Betrugsverdachts gegen die früheren Manager. Die CDU-Opposition forderte bereits seinen Rücktritt.

Mit dem neuen Schreiben an den Rechnungshof, datiert vom 22. Januar 2014, das Christoffers zur eigenen Entlastung auch an den Wirtschaftsausschuss schickte, lässt der Linke-Minister den seit Monaten tobenden Konflikt mit dem Rechnungshof weiter eskalieren. De facto wird darin dessen Befund und damit die juristische Kompetenz der obersten Finanzkontrollbehörde des Landes angezweifelt.

Wie berichtet hatte der Rechnungshof in seinem abschließenden, detaillierten Odersun-Prüfbericht vom November 2013 die Rettungsbeihilfe für Odersun, die aufgrund einer Ministerweisung gegen alle Einwände gezahlt wurde, als Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung gerügt. Und der Rechnungshof hatte dabei sein Argument zur Verteidigung, die Rettung von 260 Industriearbeitsplätzen in der strukturschwachen Region versucht zu haben, nicht gelten lassen. Zitat: „Ein nicht tragfähiges Geschäftsmodell kann keine Arbeitsplätze sichern.“ Schon im Dezember hatte Christoffers das nicht akzeptieren wollen. Obwohl das Prüfverfahren formal abgeschlossen war, der Bericht vorlag, intervenierte der Linke-Minister erneut beim Rechnungshof. Schon da wurde auf die aus Sicht des Ministeriums größere Mitverantwortung der ILB hingewiesen – doch Christoffers blitzte ab. Es brachte ihm stattdessen prompt ein geharnischtes Schreiben ein, in dem der Landesrechnungshof noch einmal detailliert seine Verantwortung als Minister für die verfehlte Millionenbewilligung beschrieb – persönlich unterzeichnet von Rechungshofpräsident Christoph Weiser und Direktor Hans Jürgen Klees. Aus Sicht des Hofes ist die Sachlage klar, zumal Wirtschaftsministerium und ILB am 27. Oktober 2011 für die Auszahlung der vom Unternehmen beantragten 4 Millionen Euro Rettungsbeihilfe sogar einen schriftlichen Vertrag geschlossen hatten, Zitat: „MWE und ILB sind sich einig, dass der Antrag nicht den Kriterien für eine Finanzierung aus der KoSta Förderrichtlinie entspricht“, hieß es darin wörtlich, und: „Das MWE beauftragt die ILB, den Antrag der Odersun AG auf Gewährung dieses Darlehens zu prüfen und, soweit die Voraussetzungen erfüllt sind, dieses auszureichen.“

In der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses hatte Christoffers Versuche bestritten, den schwarzen Peter der ILB zuzuschieben. Im aktuellen Brief an den Rechnungshof wird das nun wieder versucht. So heißt es darin, dass das Schreiben des Wirtschaftsministers an die Förderbank vom Dezember 2012 mit der Order zur Auszahlung „keine unmittelbar ausführbare Einzelweisung“ gewesen sei. „Es handelte sich vielmehr um eine konditionierte Weisung, deren Umsetzung noch von einer Vielzahl von Unbekannten abhing.“ Die ILB sei „kein ,willenloses Werkzeug“ der Ministerien. „Mir geht es hier nicht um Schuldzuweisungen, sondern um die Feststellung, dass das Rettungsdarlehen an die Odersun AG keine einsame Entscheidung des Wirtschaftsministers war.“ Im Fall der Luckenwalder Firma Human Bioscience hatte ILB-Vorstandschef Tillmann Stenger dem unter Druck geratenen Minister Rückendeckung gegeben – und öffentlich eine Weisung des Ministeriums auf eine Förderung der Firma dementiert.

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