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Zweiter Platz. Brandenburg ist nach Bayern die beliebteste Radreiseregion Deutschlands. Die am meisten befahrenen Routen sind der Elbradweg, der Radfernweg Berlin-Kopenhagen und der Spreeradweg.

© Axel Heimken/dpa

Brandenburg: Die Angst vor dem Verfall

Brandenburg ist die zweitbeliebteste Radreiseregion Deutschlands. Doch der Erhalt des 7000 Kilometer langen Streckennetzes ist eine Herausforderung

Von Matthias Matern

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Berlin/Potsdam - Sicher und gut in Schuss soll er sein, durch eine attraktive Landschaft führen und einen nicht irgendwo orientierungslos stranden lassen. Dies sind die wichtigsten Eigenschaften, die ein Radweg laut mehreren Umfrage unter Radwandern in Brandenburg erfüllen muss. Offensichtlich ist eine steigende Zahl von Touristen der Ansicht, dass gerade in Brandenburg Radfahren ein besonderer Genuss ist: In der Beliebtheit der deutschen Radreiseregionen hat sich das Land laut des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) mittlerweile an Mecklenburg-Vorpommern vorbei auf den zweiten Platz geschoben. Nur in Bayern macht Radeln offenbar noch mehr Spaß. Am gestrigen Donnerstag wurde die aktuelle Radreiseanalyse des ADFC auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin vorgestellt.

Noch im vergangenen Jahr landete Brandenburg in der Gunst der Radwanderer nur auf Platz drei. „Wir freuen uns sehr über diesen 2. Platz. Gleichzeitig ist damit aber auch die Verpflichtung verbunden, diesen Qualitätsstandard zu halten. Dies gehört sicherlich zu den Herausforderungen der nächsten Jahre für das Land Brandenburg“, erklärte Dieter Hütte, Geschäftsführer der TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH, in Berlin.

Insgesamt gibt es der TMB zufolge in Brandenburg 28 Radfernwege und mehr als 20 regionale Radrouten. Mehr als 5000 Kilometer des 7000 Kilometer langen Streckennetzes sind mittlerweile vom ADFC als Qualitätsradrouten zertifiziert. In die Bewertung fließen unter anderem die touristische Infrastruktur entlang der Routen, die Kfz-Verkehrsbelastung, die Beschilderung oder die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ein. Unterm Strich sei Brandenburg im Bundesvergleich ein Vorzeigeland für Radler, heißt es beim Fahrradclub. Auch der beste deutsche Fernradweg führt an zwei Stellen durch Brandenburg. Die Wahl fiel erneut auf den Elberadweg. „Die Qualität unserer Radwege und die Angebote für Radtouristen haben wir in Brandenburg gemeinsam mit unseren Reiseregionen in den letzten Jahren konsequent weiterentwickelt. Der Radtourismus ist für Brandenburg ein starker Pfeiler des touristischen Erfolgs“, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) auf der ITB.

Allerdings ist die Länge des Streckennetzes und die Attraktivität vieler Routen für Brandenburg Fluch und Segen zugleich. Zum einen sind die Randwanderer mittlerweile ein bedeutender Wirtschaftsfaktor im Tourismus geworden – die Wertschöpfung wird auf immerhin 28 Millionen Euro jährlich geschätzt –, zum anderen ist die Instandhaltung der Radwege eine erhebliche Belastung für die Landes- und Gemeindekassen. Zumal viele Radwege in den 90er-Jahren gebaut worden sind und mittlerweile ihre Halbwertszeit längst überschritten haben. Beim brandenburgischen Infrastrukturministerium geht man von einer durchschnittlichen Lebensdauer von 15 Jahren aus. Bereits vor knapp fünf Jahren bezifferte das Ministerium die notwendigen Mittel für Radwege entlang Bundesstraßen auf etwa 6,1 Millionen Euro und entlang Landstraßen auf etwa 6,7 Millionen Euro. Dazu kommen die Erhaltungsmaßnahmen an Radwegen in kommunaler Trägerschaft. Wie schnell es abwärts gehen kann, zeigt das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern. Noch 2011 war das Ostseeküstenland das Nonplusultra bei den Radtouristen. Mittlerweile ist es auf Rang vier abgerutscht.

Lange Zeit haben sich in Brandenburg die Landesregierung und die Gemeinden die Verantwortung für die Instandhaltung gegenseitig zugeschoben. So manche Ortschaft hat sich gefragt, warum sie für einen Radweg zahlen soll, der zwar durch ihr Gebiet läuft, von dem sie aber gar nicht profitiert, weil es in der Nähe nicht einmal einen Gasthof gibt. Laut Dirk Wetzel, Aktivtourismus-Experte bei der TMB, hat bei den Kommunen aber mittlerweile ein Umdenken stattgefunden. Statt nur nach Hilfe aus Potsdam zu rufen, würden eigene Lösungen entwickelt. Ein Beispiel sei der Landkreis Märkisch-Oderland. „Dort wurde die Kreisumlage etwas erhöht, dafür hält der Kreis auch die wichtigsten Routen in Schuss“, berichtet Wetzel. Der Landkreis Prignitz dagegen habe mittlerweile einen Qualitätsmanager.

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