Brandenburg: Die Angst vor der braunen Flut
Hoher Eisengehalt in den Flüssen und Fließen gefährdet den Spreewald. Jetzt schlagen Tourismusanbieter Alarm. Sie bangen um die Zukunft der Region
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Vetschau - Im Spreewald, einem der wichtigsten Tourimusregionen Brandenburgs, wächst die Sorge vor den Langzeitfolgen des Braunkohletagebaus. Die zahlreichen Fließe verfärben sich braun. Auch die Spree ist betroffen, allerdings bislang nur bis zur Talsperre in Spremburg. Dafür hat die Verfärbung über die vielen kleineren Zuflüsse, die ebenfalls betroffen sind, bereits den Oberspreewald erreicht. Grund ist der hohe Eisengehalt im Wasser – eine Folge des Grundwasseranstiegs rund um stillgelegte Braunkohletagebaue. „Wir haben ein Problem“, sagt Jana Eitner vom Tourismusanbieter Spreescout. „Wenn wir nichts dagegen tun, dann haben wir ein richtiges Problem, dann können wir den Tourismus sein lassen.“
Auch im Naturhafen von Raddusch (Oberspreewald-Lausitz), gelegen im Biosphärenreservat Spreewald, wo Paddler mit Kanus auf Tour gehen können und die Fährmänner die Kähne mit Urlaubern an Boot durch die reizvolle Landschaft gondeln, ist das braune Wasser schon angekommen. Experten sprechen schlicht von Verockerung. Detlef Mecke, Chef der Kannfährgemeinschaft in Raddusch, sagt: „Die Reiseunternehmen schauen sich das an und kommen nicht wieder. Das ist die Befürchtung, die wir haben.“
Doch wer dafür verantwortlich, wie man vor Ort dagegen angehen kann, darauf gibt es keine Antworten. Deshalb haben sich Tourismusanbieter, Hotelbetreiber, Vereine und Naturschützer zusammengetan und das Aktionsbündnis „Saubere Spree“ gegründet. Denn sie verlangen Antworten, genauso wie es die Behörden einmal festgelegt hatten.
In einem gemeinsamen Strategiepapier hatten das brandenburgische Umweltministerium, der Umweltsenat in Berlin, der Energiekonzern Vattenfall und der Bergbausanierer LMBV bereits 2009 zugesichert, die Betroffenen zu informieren. Doch es kam fast nichts. Deshalb hat das Aktionsbündnis jetzt die Verantwortlichen nach Raddusch geladen. Am heutigen Dienstagabend sollen sie sich – Vertreter des Umweltministeriums, des Landesbergamtes und der LMBV – den Fragen der Menschen vor Ort stellen. Der Termin wurde extra außerhalb der Urlaubersaison gelegt, um niemanden aufzuschrecken.
„Hier steht eine einzigartige Landschaft auf dem Spiel“, sagt Peter Stephan, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Spreewald. Den Anlass für die Sorge hat Brandenburgs Landesregierung selbst geliefert. In einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Landtag räumte das Umweltministerium ein, dass der Eisengehalt im Wasser zur „direkten Verarmung und Vernichtung der aquatischen Fauna“ und Folgen für die Wasserpflanzen haben. Ganz konkret geht es etwa bei Fischen um verklebte Kiemen bei Fischen, Komplettausfall der Brut, Verlust von Laichplätzen und Nahrung, weil Kleinstlebewesen keine Chance mehr haben. Die sogenannte Eisenockerfracht verschlammt die Uferbereiche und bedeckt den Grund. Zudem räumt das Ministerium selbst ein: „Die Verockerung des Flussbettes kann sich aus ästhetischen Gründen negativ auf die wassertouristische Nutzung von bergbaubeeinflussten Gewässern auswirken.“
Wie das Problem gelöst werden kann und wie lange es noch anhält, ist völlig unklar. Für dieses Jahr ist eine Studie um Auftrag der bundeseigenen LMBV dazu angekündigt, die Ergebnisse werden im Januar präsentiert. bei der LMBV und beim Landesbergamt wird derzeit vor allem über sogenannte Absetzbecken entlang der Fließe und Flüsse nachgedacht, in denen sich die Eisensedimente absetzen können und das Wasser gereinigt wird. Das aber kostet Geld, Experten reden von Investitionen im zweistelligen Millionenbereich. Auch die Talsperre in Spremberg fungiert inzwischen als eine Art Absetzbecken, noch in diesem Jahr will das Umweltministerium sich festlegen, ob die Talsperre auch weiterhin oder bei Hochwasser reicht, um die Eisenfrachten aufzuhalten. „Wir wollen wissen, wer dafür verantwortlich ist, wer das beheben muss“, sagt Stephan, der Chef des Tourismusverbands. Und Kannfährmann Mecke: „Wir wollen, dass der Staat eingreift und Fördermittel gibt.“ Tatsächlich geht es auch ums Geld. In der Antwort des Umweltministeriums heißt es dazu nur: „Die Verschlammung der Gewässer durch Eisensediment führt zu einem erhöhten Unterhaltungsaufwand.“ Alexander Fröhlich
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