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Von Alexander Fröhlich: Die BBG ist verkauft, aber der Chef bleibt

Frank Marczinek verkauft sein Firmengeflecht. Dritter Stasi-Fall in Ex-Landesfirma

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Potsdam - Er war eine schillernde Figur, gern gesehener Gast auf Empfängen in Potsdam. Und er ist einer der zentralen Figuren in der Affäre um den Verkauf der Krampnitz-Kasernen in Potsdams Norden. Nun hat Frank Marczinek die skandalträchtige, in den Krampnitz-Deal verwickelte Brandenburgischen Boden Gesellschaft (BBG) verkauft – an die Interseroh SE, einem Kölner Recycling-Unternehmen. Faktisch aber gehört die BBG nun mehrheitlich den Alba-Brüdern Axel und Eric Schweitzer. Sie sind nun praktisch am Geschäft mit Landeseigentum in Brandenburg beteiligt und ohnehin seit Jahren in zahlreichen Landkreisen als Müllentsorger aktiv. Das Konstrukt ist etwas komplizierter – und eigentlich ging es den Käufern bei dem Geschäft auch gar nicht um die BBG.

Marczinek hatte 2006 als Besitzer der TVF Altwert, einem „führenden Unternehmen für Spezialabbruchleistungen“, die BBG vom Land Brandenburg gekauft und Millionen schwere Geschäftsbesorgungsverträge mit dem Land abgeschlossen. Denn das vormals landeseigene Unternehmen vermarktet frühere Militärflächen aus Landeseigentum. Später baute Marczinek ein neues Firmengeflecht auf, mit dem die BBG In-Sich-Geschäfte abgewickelt haben könnte, wie es die Opposition im Landtag glaubt. Über allem steht die FM Beteiligungsgesellschaft, deren hundertprozentige Töchter die BBG und die TVF sind. Diese Holding gehörte bis Ende 2009 mehrheitlich Frank Marczinek, der Rest der Interseroh. Nun hat Marczinek seine Anteile verkauft, womit die Interseroh mittelbar auch die TVF und die BBG erworben hat. Die Schweitzer-Brüder wiederum halten 75 Prozent der Interseroh-Aktien, Axel Schweitzer ist Vorstandschef bei dem Kölner Unternehmen.

Interseroh-Sprecherin Verena Köttker sagte den PNN: „Unser Interesse galt der TVF Altwert.“ Und Frank Marczinek sei dort und wie auch bei der BBG weiterhin Geschäftsführer. Er soll nach PNN-Recherchen den Verkauf eingefädelt haben.

Für das Finanzministerium ist der Verkauf ohne Belang, der Geschäftsbesorgungsvertrag sei von dem Eigentümerwechsel nicht berührt, sagte Ministeriumssprecherin Ingrid Mattern. Für einen solchen Verkauf sei keine Genehmigung des Ministeriums erforderlich. Marczinek selbst wollte sich nicht äußern und verwies auf die Alba Group.

Marczinek und die BBG stehen seit Monaten wegen des Verkaufs der Potsdamer Krampnitz-Kasernen unter Druck. Das einst landeseigene Unternehmen hat das 112 Hektar große Areal weit unter Wert verkauft, wie der Landesrechnungshof in einem Sonderbericht festgestellt hatte. De Potsdamer Staatsanwaltschaft will nach PNN-Informationen in Kürze ein offizielles Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil des Landes einleiten, dem ein Millionenschaden entstanden sein könnte. Mit den Vorgängen befasst sich auch Untersuchungsausschuss des Landtages. Der will auch die BBG selbst und die Umstände der Privatisierung an Marczinek im Jahr 2006 prüfen. Die Staatsanwaltschaft fand dabei aber keinen Ansatz, um eine Ermittlungsverfahren zu eröffnen, obwohl die Konditionen für Marczinek ungewöhnlich günstig und dem Parlament verheimlicht worden waren.

Beim Blick auf die BBG wird der Untersuchungsausschuss auch auf andere Merkwürdigkeiten stoßen. CDU-Obmann Dierk Homeyer glaubt inzwischen, dass in der früheren Landesfirma gezielt frühere Inoffizielle Mitarbeiter (IM) der DDR-Staatssicherheit geparkt wurden, um ihnen einen Posten zu verschaffen. Tatsächlich gibt es nun einen dritten Stasi-Fall im Firmengeflecht der BBG. Neben Marczinek und dem früheren BBG-Geschäftsführer und aktuellen Rechtsberater Harald Holland-Nell war auch der Ex-BBG-Chef Reinhard Weise ein Inoffizieller Mitarbeiter, wie aus Akten der Stasi-Unterlagenbehörde hervorgeht, die den PNN vorliegen. Weise ist inzwischen bei anderen Unternehmen in Marczineks Firmengeflecht aktiv. 1982 hatte er eine Verpflichtungserklärung unterzeichnet – als inoffizieller kriminalpolizeilicher Mitarbeiter (IKM). 1987 endete die Zusammenarbeit. Nach Einschätzung der Stasi-Unterlagenbehörde sind inoffizieller Mitarbeiter der politischen Abteilung der DDR-Kriminalpolizei denen der Staatssicherheit gleichgestellt.

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