Brandenburg: Die Berliner CDU probt den fliegenden Wechsel
Als Regierungspartei war die Union dafür, Tegel nach der BER-Eröffnung zu schließen Nun, in der Opposition, gibt die Führung einen anderen Kurs vor und will dazu die Basis befragen
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Berlin - Die Berliner CDU-Führung will mithilfe einer Mitgliederbefragung klären, ob die Partei eine Offenhaltung des Flughafens Tegel unterstützt. Innerparteilich ist dies umstritten, aber die Christdemokraten wollen sich offenbar rechtzeitig vor dem Volksentscheid am 24. September eindeutig positionieren. Der Basis soll zur Zukunft des City-Airports Tegel eine Frage gestellt werden, die mit Ja oder Nein zu beantworten ist. „Am 1. Juni geht’s los“, sagte der CDU-Generalsekretär Stefan Evers. Das CDU-Präsidium und der Landesvorstand wollten die Befragung am Freitagabend beschließen.
Ob das Ergebnis eine klare Haltung der Union zum Ausdruck bringen wird, ist offen, auch wenn die großen West-Kreisverbände Charlottenburg-Wilmersdorf, Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg zu einer Offenhaltung von Tegel tendieren. Auch die Landesvorsitzende Monika Grütters und der Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Florian Graf, haben den Ton bereits vorgegeben: Nach der Eröffnung des Flughafens BER soll Tegel in Betrieb bleiben, fordern beide Spitzenleute.
Andererseits gibt es einen einstimmigen Beschluss des Landesvorstandes vom Januar 2013, in dem gefordert wird, „die Anwohner des Flughafens Tegel zu entlasten“. Und die Fraktion hatte sich im Mai 2015 dafür ausgesprochen, dass die Nachnutzung des City-Airports als Forschungs- und Industriepark nach der Einstellung des Flugbetriebs unbedingte Priorität haben müsse. Ein Konzept, das nicht nur von der Reinickendorfer CDU seit vielen Jahren vorangetrieben wird, sondern auch von der damaligen Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) unterstützt wurde.
Das war die Haltung der Union als Regierungspartei. Jetzt ist der CDU-Landesverband in der Opposition, will sich politisch neu sortieren – und bei der Bundestagswahl im September deutlich mehr Stimmen holen als bei der Berliner Wahl im Herbst 2016. Dafür braucht man Themen, die ziehen. Zwar haben die Freien Demokraten die Volksabstimmung zu Tegel auf die Erfolgsspur gebracht und die AfD hat sich schon angehängt. Aber vielleicht könnte es ja auch den Christdemokraten helfen, wenn Rot-Rot-Grün per Plebiszit zur Flughafen- und Verkehrspolitik Berlins in die Defensive gedrängt werden könnte.
Um erfolgreich mitzumischen, darf die Landes-CDU bei einer solchen Grundsatzfrage nicht zerrissen bleiben. „Das muss geklärt werden“, sagt Generalsekretär Evers. Er hofft im Zuge der Mitgliederbefragung auf eine intensive Debatte in der Partei, die in den 90er-Jahren das jetzt gültige Flughafenkonzept für Berlin – mit einem Single-Flughafen in Schönefeld – in einer Koalition mit der SPD mitentwickelt hat. Parteiintern war dieser Kurs allerdings umstritten. Die FDP begrüßte am Freitag, dass sich die Union nach dem „Eiertanz der letzten Jahre“ in Sachen Tegel endlich positionieren wolle. Die CDU-Basis habe die Wichtigkeit Tegels längst erkannt, viele Mitglieder hätten das erfolgreiche Volksbegehren unterstützt. Die Basisbefragung sei, so gesehen, ein Zeichen der Führungsschwäche der Berliner CDU. Ulrich Zawatka-Gerlach
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