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Brandenburg: Die Justiz zeigt Härte

Wie Gerichte mit 18- bis 21-Jährigen umgehen

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Potsdam/Berlin - Straftäter zwischen 18 und 21 Jahren werden in Brandenburg öfter als in vielen anderen Bundesländern nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt – auch deutlich öfter als in Berlin, wo seit Jahren eine erregte Debatte über den Umgang mit jungen Intensivtätern geführt wird. 65 Prozent der straffälligen 18- bis 21-Jährigen wurden laut Sicherheitsbericht der Bundesregierung im Jahr 2006 in der Mark nicht nach Jugend- sondern nach dem härteren Erwachsenenstrafrecht verurteilt – so viel, wie in keinem anderen Bundesland. Danach folgten 2006 Baden-Württemberg (55 Prozent), Rheinland-Pfalz und Sachsen (je 52 Prozent). In Hessen, wo Regierungschef Koch im Wahlkampf die aktuelle Debatte angestoßen hatte, sind es dagegen nur 25 Prozent – für dreiviertel der heranwachsenden Straftäter wurde dort das mildere Jugendrecht angewendet. In Berlin wurden im Jahr 2006 immerhin noch 42 Prozent der 18- bis 21-jährigen Straftäter nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt.

Zwar liegt Brandenburg bundesweit bei der Anwendung des Erwachsenenstrafrecht noch an der Spitze – allerdings laut Innenministerium mit sinkender Tendenz: Im Jahr 2001 seien noch 75 Prozent der 18- bis 21-jährigen Angeklagten auch vor Gericht wie Erwachsene behandelt worden, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Geert Piorkowski, in der Vorwoche den PNN. Für das Jahr 2007 erwartet die Landesregierung nur noch einen Wert von etwa 60 Prozent bei den Verurteilungen nach Erwachsenenrecht.

Dabei, so Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), sei die Verfahrensführung nach Jugendstrafrecht als absolute Ausnahme im Strafrecht vorgesehen – für Angeklagte bis 21 Jahren, die in ihrer Persönlichkeitsentwicklung ihrem Alter hinterherhinken. Schönbohm hatte in der Vorwoche ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Anwendung des Jugendstrafrecht nur die Ausnahme sein könne.

Bei der Verfahrensdauer und der Zeit zwischen Tat und Verurteilung liegt Brandenburg – bei allen Strafverfahren – Bundesweit mit an letzter Stelle. Zahlen zur Dauer bei Jugendlichen gibt es im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht.

Wenn Jugendliche zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt kommen, sei die Justiz immer noch zu milde, findet der innenpolitische Sprecher der Berliner FDP-Fraktion, Björn Jotzo. Laut einer Antwort der Berliner Justizverwaltung auf eine kleine Anfrage stellt die Staatsanwaltschaft der Bundeshauptstadt jährlich rund 5500 Strafverfahren gegen Jugendliche ein, ohne dass auch nur eine erzieherische Maßnahme erfolgt. Jotzo hält diese Zahl in Anbetracht von etwa 25 000 jugendlichen Tatverdächtigen pro Jahr für zu hoch, auch wenn in der Antwort die Gründe für die Einstellung nicht weiter aufgeschlüsselt werden.

Nur in etwa 1700 Fällen pro Jahr setzen sich nach einer Strafanzeige Polizisten oder Staatsanwälte in Berlin mit den Jugendlichen zusammen und machen ihnen bei der so genannten Diversion die Folgen weiterer krimineller Aktionen deutlich. Auch würden zu selten die Eltern straffälliger Jugendlicher in dieses Verfahren einbezogen. Dabei spielten Erziehungsberechtigten bei der kriminellen Entwicklung etwa jugendlicher Migranten eine „ganz maßgebliche Rolle“. Jotzo will nun eine Debatte über gesetzliche Änderungen anregen, die die Einbeziehung der Eltern bei Diversionsmaßnahmen erzwingen sollen.

Berlins FDP-Fraktion hatte mit der sogenannten „Gelben Karte“ schon einmal eine Initiative gestartet, die junge Kriminelle möglichst schnell mit der Justiz konfrontieren sollte – erfolglos. pet/wvb/sib

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