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Brandenburg: DIE LINKE

Der Preis der Linken wird höher sein als 2009. Auf einem Parteitag in Eberswalde hat Landtagsfraktionschef Christian Görke erstmals öffentlich Bedingungen der Linken für die angestrebte Fortführung von Rot-Rot in Brandenburg nach der Landtagswahl 2014 formuliert.

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Der Preis der Linken wird höher sein als 2009. Auf einem Parteitag in Eberswalde hat Landtagsfraktionschef Christian Görke erstmals öffentlich Bedingungen der Linken für die angestrebte Fortführung von Rot-Rot in Brandenburg nach der Landtagswahl 2014 formuliert. Konkret nannte Görke unter anderem den „Einstieg in eine Gemeinschaftsschule ohne Kulturkampf“, eine Anhebung des Betreuungsschlüssels in den märkischen Kindertagesstätten und einen Neuanlauf für einen öffentlichen Beschäftigungssektor im Land Brandenburg, da die in dieser Legislaturperiode geschafften 2000 Stellen – weit vom Ziel des Koalitionsvertrages entfernt – nicht ausreichen würden. „Ja, liebe Sozialdemokraten! Drunter werden wir es nicht machen können!“, sagte Görke, der Spitzenkandidat der Linken zur Landtagswahl werden soll.

So deutliche Worte an die Adresse des sozialdemokratischen Koalitionspartners gab es seit 2009 bei einem Linke-Parteitag in Brandenburg jedenfalls noch nie. Seit der Regierungsbildung war innerparteiliche Kritik nie ganz verstummt, teils aus der Basis, teils aus der Bundesebene, dass die Linken in der rot-roten Koalition zu angepasst und zu kompromissbereit seien. Auf dem Parteitag in Eberswalde wiederholte dies Dagmar Enkelmann, die frühere parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion, die ohne Listenabsicherung mit dem verfehlten Direktmandat im Barnim nicht mehr im Bundestag sitzt. Die Linke habe in der Regierung „Glaubwürdigkeit und Vertrauen verloren“, sagte Enkelmann und forderte mit Blick auf die Landtagswahl ein klares Profil der Linken.

Brandenburg ist das einzige Land in der Bundesrepublik, in dem sie derzeit mitregieren. Zwar verabschiedeten die Linken einstimmig ihr neues Leitbild „Brandenburg 2020 plus“, das etwa auf Überwindung der Armut, soziale Gerechtigkeit in Brandenburg, den Ausgleich zwischen den Regionen und die Einführung der Gemeinschaftsschule setzt. Trotzdem gab es auf dem Parteitag zugleich heftige innerparteiliche Auseinandersetzungen – und am Ende einen Beschluss, der neue Zweifel an der Regierungsfähigkeit weckt und möglicherweise auch nicht verfassungsgemäß ist.

Mit 66 Ja- gegen 39 Nein-Stimmen (11 Enthaltungen) verabschiedete der Parteitag am Ende doch den umstrittenen Antrag des Landesvorstands unter Parteichef Stefan Ludwig mit einem Parteikodex für künftige Landtagsabgeordnete. Sie müssen sich nun bereits bei der Kandidatenaufstellung „schriftlich“ zum Verzicht auf das Mandat bei einem Wechsel als Minister ins Kabinett verpflichten, aber auch zur Zahlung von Mandatsträgerbeiträgen in die Parteikasse oder zur Bereitschaft, zusätzliche Wahlkreisbüros in Nachbarregionen aufzumachen.

Vergeblich war selbst die Warnung eines Mannes, der lange die graue Eminenz und der Stratege der Brandenburger Linken war: Heinz Vietze, von 1990 bis 2009 im Landtag, Geschäftsführer der Landtagsfraktion und oberster Wahlkampfchef seiner Genossen. Er war erstmals seit einigen Jahren eigens zum Parteitag gekommen. „Wenn man etwas zu einem Beschluss erhebt, was Selbstverständlichkeiten sind, ist das ein Armutszeugnis“, sagte Vietze etwa. Er wies die Genossen darauf hin, dass sie statt der inneren Nabelschau angesichts für die Folgejahre wahrscheinlicherer rot-rot-grüner Szenarien im Bund Verantwortung über das Land hinaus hätten. „Rot-Rot in Brandenburg ist Experimentierfeld für die Bundesrepublik Deutschland.“

Vietze war nicht der einzige Warner vor dem Beschluss zu den Verpflichtungen für Abgeordnete. Linke-Landtagsvizepräsidentin Gerrit Große zitierte den einschlägigen Verfassungsartikel zur Freiheit des Mandats, nachdem Abgeordnete allein ihrem Gewissen verpflichtet und an keine Weisungen gebunden sind. „Mehr sage ich dazu nicht.“ Und die Landtagsabgeordnete Margitta Mächtig zeigte sich fassungslos über das Misstrauen gegen Linke-Abgeordnete im Landtag. Fürsprecher des Antrages war dagegen etwa der Abgeordnete und Kreischef von Oder-Spree, Peer Jürgens.

Der Beschluss sorgt weiter für Unruhe. Er sei falsch, kritisierte der Landtagsabgeordnete Jürgen Maresch am Sonntag in einer Erklärung. Selbstverständlich müsse über Erwartungen an Kandidaten gesprochen werden. „ Dies aber nicht gegen die Verfassung und das Abgeordnetengesetz des Landes Brandenburg.“ Das Argument, dass die Erklärungen rechtsunwirksam seien, zeige den Zweck: „Zu disziplinieren“. So ein Beschluss wäre nach seinen Worten unter Lothar Bisky und Michael Schumann nicht gefasst worden.

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