Umfragetief: Die Linke verliert sich
UPDATE. Nach mehr als zwei Jahren als Regierungspartei ist die Bilanz ernüchternd: Sinkender Wählerzuspruch, die falschen Themen und eine schwache Führung.
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Potsdam - Thomas Nord geht nach sieben Jahren als Landeschef und ausgerechnet jetzt sitzt seine Partei, die brandenburgische Linke, im Umfragetief fest. Eineinhalb Wochen vor dem Landesparteitag in Blossin muss die Linke feststellen, dass sie in mehr als zwei Jahren als Regierungspartei wohl auf die falschen Themen gesetzt hat. Das jedenfalls geht aus von der Linken in Auftrag gegebene Umfrage des Meinungsforschungsinstituts tns emnid hervor. Oder die Partei war im ersten rot-roten Bündnis in Brandenburg mit der SPD einfach zu kompromissbereit, die Handschrift der Linken zu wenig erkennbar. So sehen es einige Landtagsabgeordnete der 25-köpfigen Fraktion. Deren Vorsitzender Kerstin Kaiser wird vermehrt Führungsschwäche vorgeworfen. Noch wird verhandelt, ob die reguläre Wahl des Fraktionsvorstands im Herbst vorgezogen und bereits nach dem Parteitag abgehalten wird. Einige Fraktionsmitglieder rechnen damit, dass Kaiser gerade so mit einem blauen Auge davonkommt.
Denn fest steht: Während die SPD in der Wählergunst weitergehend stabil bleibt, zieht die Linke aus der Regierungsbeteiligung kaum Nutzen. Bei der emnid-Befragung von 1002 Wahlberechtigten kam die Partei Mitte Januar erneut nur auf eine Zustimmung von 21 Prozent. Bereits im Dezember hatte die Linke bei einer Umfrage nur noch 20 Prozent erreicht und war erstmals seit Jahren auf Rang drei abgerutscht. Die SPD kam im Dezember auf 35 Prozent, jetzt auf 34 Prozent. Auch die CDU verlor einen Prozentpunkt und erreichte im Januar 24 Prozent.
Warum die Linke immer weniger punktet, auch darüber gibt die Umfrage Aufschluss. Seit Monaten streiten Partei und Fraktion über den Kurs in der Energiepolitik und wie schnell der im Wahlkampf versprochene Ausstieg aus der Braunkohle vonstatten gehen soll. Den Wählern aber sind ganz andere Themen wichtig. Nur 21 Prozent der Wähler und der Linke-Sympathisanten meinen, Brandenburg müsse mehr gegen den Klimawandel tun. Es sind die klassischen Linke-Themen, die Wähler und vor allem Parteianhänger ansprechen: Jobs mit vernünftigen Löhnen, eine gute Gesundheitsversorgung, und soziale Sicherheit.
Was also ist linke Politik? Selbst bei ihrem eigenen Wähler-Potenzial erreicht die Partei nur 54 Prozent. 29 Prozent der möglichen Linke-Wähler würden eher die SPD wählen, sieben Prozent die Piraten. 74 Prozent der potenziellen Linke-Wähler sind mit der Arbeit der Partei auf Landesebene zufrieden sind, noch zufriedener – nämlich zu 76 Prozent sind sie aber mit der SPD. Im Vergleich zu 2007, als die Linke noch in der Opposition war, ist das ein Rückgang um drei Prozent, bei der SPD jedoch ein Anstieg um 20 Prozent. Bei allen Wählern sank die Zufriedenheit mit der Linken sogar um fünf Prozent. Überhaupt sind Linke-Wähler unzufriedener mit der ersten rot-roten Landesregierung als SPD-Wähler.
Die Parteistrategen liefern mit der Umfrage gleich eine Erklärung für die laue Stimmung mit. Sie sehen Parallelen zum Bundestrend. Der parteiinterne Führungsstreit der Linken auf Bundesebene schade den Landesverbänden. Von der fehlenden Koordinierung zwischen Partei, Fraktion und Regierungsmannschaft ist keine Rede.
Thomas Nord lässt die Niederungen der Landespartei nun hinter sich und drängt in den Bundesvorstand. Neuer Landeschef soll Stefan Ludwig werden, bisher schon Partei- und Fraktionsvize. Anfangs herrschte Unglauben, Ludwig gilt als blasse „Verlegenheitslösung“ ohne Charisma. Inzwischen wandelt sich die Stimmung. Ludwig reagiert mit Inhalten. Er will die Linke angesichts der Konflikte um den Hauptstadtflughafen und den Ausbau von Stromnetzen und Erneuerbaren Energien als Partei der Bürgerrechte und der Bürgerbeteiligung neu aufstellen.
Bleibt noch Kerstin Kaiser. Der Fraktionschefin wurden Ambitionen auf eine Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2014 nachgesagt. Parteifunktionäre aber winken ab: Mit einer früheren Stasi-Zuträgerin gehe das nicht noch einmal. Anfang Dezember legte sie ihren Sitz in der Enquetekommission des Landtags zur DDR-Aufarbeitung nieder, um sich auf das Partei-Leitbild „Brandenburg 2020“ zu konzentrieren. Die Fraktion aber hat die jüngst präsentierten, von einem Politikberater formulierten und von Kaiser mitverantworteten Thesen kassiert und will bis zum Parteitag ein eigenes Papier verfassen. Unter Heinz Vietze, bis 2007 parlamentarischer Geschäftsführer, wäre es nicht so weit gekommen, heißt es Fraktionskreisen. Kaiser führe nicht.
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